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3. Februar 2025 – Zum neuen Ehegattenvertretungsrecht bei fehlender Vorsorgevollmacht

Gibt es keine Vorsorgevollmacht, muss in Situationen, in denen jemand nicht mehr selbst handeln kann, eine gerichtliche Betreuung angeordnet werden.

Um die Anordnung von Betreuungen zu verringern und damit die Gerichte und die Staatskasse zu entlasten,  wurde zum 1. Januar 2023 ein gesetzliches „Ehegattenvertretungsrecht“ eingeführt.

Diese betrifft nur Gesundheitsfragen und ist auch zeitlich auf sechs Monate begrenzt.

Voraussetzungen des Not-Vertretungsrechts für den Ehegatten

Voraussetzung ist, dass der vertretene Ehegatte Angelegenheiten, die seine Gesundheitsvorsorge betreffen aufgrund Krankheit oder Bewußtlosigkeit nicht selbst klären kann. Ob der vertretene Ehegatte noch geschäftsfähig ist, ist nicht entscheidend.

Das Vertretungsrecht entsteht nicht, wenn es eine ausdrückliche Vorsorgevollmacht gibt. Die Vorsorgevollmacht geht vor!

Dem Vertretungsrecht steht auch entgegen, wenn die Ehegatten willentlich getrennt leben oder der zu vertretende Ehegatte dem gesetzlichen Vertretungsrecht ausdrücklich widersprochen hat.

Umfang und Inhalt des Not-Vertretungsrechts für den Ehegatten

Über das Vertretungsrecht kann der Ehegatte in ärztliche Untersuchungen, Heilbehandlungen und Eingriffe – an Stelle des Vertretenen – einwilligen, obwohl keine Vorsorgevollmacht oder Betreuung besteht.

Freiheitsbeschränkende Maßnahmen durch Medikamente oder mechanische Vorrichtungen (§ 1831 Abs. 4 BGB), denen der durch Vorsorgevollmacht bestimmte Vertreter zustimmt, und die auch nur nach Genehmigung durch das Betreuungsgericht durchgeführt werden dürfen, sind vom Notvertretungsrecht umfasst. Die Zustimmung zur Unterbringung (§ 1831 Abs. 1 BGB) oder zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen (§ 1832 Abs. 1 BGB) ist aber nicht umfasst.

Außerdem kann der vertretende Ehegatte auch Verträge schließen, die mit dem Gesundheitsthema zusammenhängen. Er kann Behandlungsverträge, Krankenhausverträge und – wenn es eilig ist – auch Verträge über Rehabilitation und Pflege abschließen. Hier sorgt das Kriterium Eilbedürftigkeit für alle Beteiligten für Rechtsunsicherheit.

Heimverträge soll der vertretende Ehegatte nicht abschließen dürfen.

Ansprüche gegen Krankenversicherungen kann der vertretende Ehegatte geltend machen.

Zentral ist Bescheinigung des behandelnden Arztes

Die Ausübung des Vertretungsrechts setzt eine Bescheinigung des behandelnden Arztes voraus.

Das funktioniert so: Der Arzt, demgegenüber der vertretende Ehegatte Erklärungen abgeben muss, stellt diesem ein Dokument über das Vorliegen der Voraussetzungen des Vertretungsrechts für den Ehegatten aus.

In das Dokument wird auch aufgenommen die vom Gesetz ausdrücklich geforderte Erklärung des vertretenden Ehegatten, dass die Ehe besteht und kein Ausschlussgrund besteht.

Das Betreuungsgericht ist daran nicht beteiligt. Damit bekommt der behandelnde Arzt hier auch eine rechtliche Aufgabe und noch mehr Verantwortung.

Zusätzlich: Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht

Für diese sechs Monate gilt für die Ärzte für Asukünfte gegenüber dem Ehegatten auch nicht die ärztliche Schweigepflicht.

Wichtig: Gefahren des Notvertretungsrechts

Das Not-Vertretungsrecht ist zwar an den Bestand der Ehe gebunden. Insbesondere für zerrüttete Ehen, aber noch bestehende Ehen, können sich daraus aber auch Gefahren ergeben.

Es soll zwar keine Vertretungsberechtigung geben, wenn die Ehepartner getrennt leben oder dem Ehepartner oder dem Arzt bekannt ist, dass eine Vertretung durch den Ehepartner nicht gewünscht ist. Aber hier bleiben Unsicherheiten.

Wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Partnerin oder Ihr Partner das Not-Vertretungsrecht bekommen, können Sie schriftlich widersprechen. Den Widerspruch können Sie beim Zentralen Vorsorgeregister registrieren lassen.

Da seit der Gesetzesänderung zum 1.1.2023 neben den Betreuungsgerichten auch Ärzte Zugriff auf das Vorsorgeregister haben, kann die Eintragung des Widerspruchs sinnvoll sein, wenn man verhindern möchte, dass der Ehepartner ein Not-Vertretungsrecht bekommt.

Besser als ein Widerspruch ist aber in solchen Familienkonstellation, stattdessen einem anderen Vertrauten eine Vorsorgevollmacht zu erteilen. Damit wird das Notvertretungsrechts für den Ehegatten verhindert und gleichzeitig sichergestellt, dass nicht das Betreuungsgericht entscheidet, welche Personen Ihre rechtliche Vertretung übernimmt.  Außerdem geht die Vorsorgevollmacht deutlich weiter. Lesen Sie dazu auch den Artikel: Brauchen verheiratete Eheleute auch eine Vorsorgevollmacht?

Fazit: Verlassen Sie sich nicht auf das gesetzliche Vertretungsrecht für Ehegatten, sondern investieren Sie Energie und Aufwand in eine umfängliche Vorsorgevollmacht.

Im Folgenden noch ein paar Rechtstipps dazu:

  • Praxistipp1: Schon bei Beginn der Ehe sollte darüber entschieden werden, ob ein Notvertretungsrecht durch den Ehegatten gewollt ist. Wenn nicht, könnte dies in einem Ehevertrag (notariell beurkundet) ausgeschlossen werden. Zudem sollte das beim Vorsorgeregister eingetragen werden. Besser ist aber eine ausdrückliche Vorsorgevollmacht für Ihren Ehegatten oder eine andere Person.
  • Praxistipp2: Damit Ihr Ehepartner auch in Ihrem Sinne handeln kann, sollten Sie gemeinsam besprechen, was Sie im Ernstfall möchten und was nicht. Das betrifft insbesondere die medizinischen Fragen. Bevollmächtigte sind in schwierigen Gesundheitssituationen des Vollmachtgebers oft ratlos und überfordert. Da hilft es zu wissen, was der betroffene Partner für eine solche Situation gewollt hätte.
  • Praxistipp3: Bei gleich alten Eheleuten ist es auch sinnvoll, eine weitere Person zu bevollmächtigen – zum Beispiel ein Kind. Wenn beide Eheleute alt und krank sind, wird damit sichergestellt, dass es dann trotzdem einen handlungsfähigen Vertreter gibt. Dann muss das aber so gestaltet werden, dass im Außenverhältnis alle Bevollmächtigten alleinvertretungsberechtigt sind. Das geht nur mit einer Vorsorgevollmacht.

Gerne berate ich Sie zu Ihrer Vorsorgevollmacht und erstelle diese für Sie!

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, Leipzig

Rechtstipps und Urteile

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