Erbschaftsteuer

Schon bei der Gestaltung von testamentarischen Regelungen, also nicht erst nach dem Erbfall, ist die Erbschaftsteuer zu beachten. Testamentarische Regelungen können helfen, Erbschaftsteuer zu verhindern oder zu verringern. Steuerliche Überlegungen sind zwar bei der Nachlassgestaltung wichtig, sollten aber bei Ihrem Testament nicht im Vordergrund stehen.

Im ersten Schritt sollte die Grundstruktur des Testaments geschaffen werden mit dem Ziel, eine vernünftige Lösung zu finden, die der Familie gerecht wird und Streit vermeidet. Im zweiten Schritt sollten diese Ideen dann steuerlich daraufhin abgeklopft werden, dass keine unnötige Steuerbelastung entsteht.

Die Regelungen zur Erbschaftsteuer finden sich im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG), ein – gemessen an anderen deutschen Steuergesetzen – einigermaßen gut lesbares Gesetz.

Das Gesetz regelt – wie sich schon aus dem Namen ergibt – auch die Besteuerung von Schenkungen. Damit wird sichergestellt, dass die Erbschaftsteuer nicht durch eine vorgezogene Schenkung zu Lebzeiten vermieden wird. Die Grundregeln, insbesondere die Steuerklassen mit der Begünstigung naher Verwandter und Ehegatten sowie die Freibeträge sind die gleichen.

Die Erbschaftsteuer, die mit ca. 4 Mrd. € jährlich Ertrag für den Staat wirtschaftlich eher zu den kleineren Steuerposten zählt, ist hochpolitisch. Großen Einfluss auf die Erbschaftsteuer hat auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die zur Reform der Erbschaftsteuer 2009 führte. Insbesondere die Begünstigung der Vererbung von Betriebsvermögen führt zu häufigeren Nachjustierungen, zuletzt am 26. November 2019.

(Übrigens: Auch wenn es naheliegt, die Erbschaftssteuer mit zwei „ss“ zu schreiben, spricht das Gesetz sehr technisch von Erbschaftsteuer mit einem „s“.)

Anwaltliche Beratung zur Erbschaftsteuer

  • Nachlassplanung und Erstellung des für Sie passenden Testaments auch unter Beachtung der Erbschaftsteuer
  • Ausnutzen der Freibeträge der Erbschaftsteuer durch erbrechtliche Gestaltungen wie Vermächtnisse im Testament, Auswirkung von Adoption
  •  Unterstützung bei der Erbschaftsteuer gegenüber dem Finanzamt

Häufige Fragen zur Erbschaftsteuer

Wann muss man Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer bezahlen?

Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer fällt insbesondere an bei Erwerb von Vermögen von Todes wegen und bei Schenkungen unter Lebenden.

Zum Erwerb von Todes wegen gehören nicht nur die Vermögenswerte, die man als gesetzlicher oder testamentarischer Erbe erhält. Auch ein Vermächtnis oder ein geltend gemachter Pflichtteilsanspruch ist steuerpflichtig.

Erbschaftsteuer fällt ebenfalls an, wenn gegen eine Abfindung auf Pflichtteilsansprüche verzichtet wurde oder die Ausschlagung erklärt wurde.

Auch bei der Gestaltung von Vorerbschaft und Nacherbschaft ist die Erbschaftsteuer zu beachten, weil die Vorerbschaft schon zu Erbschaftsteuer führt.

Wer muss Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer bezahlen?

Die sogenannte persönliche Steuerpflicht besteht, wenn Sie entweder als Erblasser/Schenker oder der Erwerber/Beschenkte beim Vermögenserwerb Inländer sind. Inländer sind Sie, wenn Sie in Deutschland einen Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt haben. Auch wenn man aus Deutschland weggezogen ist, unterliegt man noch fünf Jahre der deutschen Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer.

Davon zu unterscheiden ist, wer die Steuer am Ende zahlen muss, also Steuerschuldner ist. Aus § 20 ErbStG ergibt sich, dass beim Erwerb von Todes wegen – logischerweise – der Erwerber der Steuerschuldner ist. Bei der Schenkung haften der Schenker und der Beschenkte als Gesamtschuldner.

Wie wird die Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer berechnet?

Besteuert wird das erworbene Vermögen

Ausgangspunkt für die Berechnung der Erbschaftsteuer ist das erworbene Vermögen mit dem Wert am Tag des Todes.

Bestimmte Gegenstände, wie Hausrat, das Haus oder Betriebsvermögen sind hier privilegiert und unterfallen im Rahmen von Steuerbefreiungen gar nicht oder nur teilweise der Steuer.

Wie ein Vermögensgegenstand konkret bewertet wird, ergibt sich insbesondere aus dem Bewertungsgesetz.

Vom Vermögen werden die Nachlassverbindlichkeiten abgezogen. Dazu gehören insbesondere die Bestattungskosten, die Kosten der Grabpflege und die weiteren Kosten für die Abwicklung des Erbfalles. Für diese Positionen können wahlweise pauschal insgesamt 10.300 Euro oder die konkreten Kosten angesetzt werden.

Freibeträge bei der Erbschaftsteuer

Wichtigster Punkt bei der Berechnung der Erbschaftsteuer sind die Freibeträge.

Hier werden der Ehegatte/ eingetragener Lebenspartner und nahe Verwandte durch recht hohe Freibeträge begünstigt (§ 16 ErbStG), die dazu führen, dass bei solchen Erbfällen gar keine Erbschaftsteuer bezahlt werden muss.

Freibeträge der Ehegatten/ eingetragene Lebenspartner

Ehegatten/ eingetragene Lebenspartner haben einen Freibetrag von 500.000 €. Zusätzlich gibt es den Versorgungsfreibetrag von bis zu 256.000 €.

Lebten die Ehegatten im „normalen“ Güterstand der Zugewinngemeinschaft, ergibt sich eine weitere Begünstigung: Ein sich rechnerisch ergebender Zugewinn gilt nicht als Erwerb von Todes wegen und muss damit auch nicht versteuert werden.

Freibeträge der Kinder und Enkel
  • Kinder (und auch Stiefkinder, also die Kinder des Ehegatten) haben einen Freibetrag von 400.000 €. Zusätzlich gibt es – je nach Lebensalter – den Versorgungsfreibetrag von bis zu 52.000 €.
  • Enkel haben einen Freibetrag von 200.000 Euro.
  • Erben die Eltern oder Großeltern wiederum von ihren Kindern oder Enkeln, beträgt der Freibetrag nur 100.000 €.

Achtung: Das klingt erstmal viel, aber viele Erblasser sind „reicher“ als sie denken, was vor allem dem rasanten Anstieg der Immobilienpreise geschuldet ist. So kostet ein neues Eigenheim in Leipzig 2019 mit 140 qm Wohnfläche und 600 qm Grund reichlich 500.000 Euro (Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 26. Februar 2020, Seite 17). Haben Ehegatten nur ein Kind und machen einfach ein „Berliner Testament“, reicht der Freibetrag des Kindes nicht!

Beispiel:  Benno und Anna sind verheiratet. Sie machen ein "Berliner Testament": Sie setzen sich - für den ersten Erbfall - gegenseitig testamentarisch als Alleinerben ein. Nach dem Tod des längerlebenden Ehegatten soll ihr gemeinsames Kind Conni das gesamte Vermögen - das im Wesentlichen aus einem Einfamilienhausgrundstück in Leipzig besteht - erben. Benno verstirbt zuerst und hat damit Anna als Alleinerbin eingesetzt. Als kurz darauf Anna stirbt, beerbt das gemeinsame Kind Conni als Schlusserbin ihre Mutter. Allerdings ist im Nachlass der Mutter auch das Vermögen des Vaters. Der Freibetrag reicht nicht.
Freibetrag für „Stiefkinder“

Stiefkinder sind ebenfalls steuerlich begünstigt. Sie gehören gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG zu den steuerlich begünstigten Personen der Steuerklasse I.

Stiefkinder im Sinne des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG) sind die Kinder des Ehegatten, die diese( r)  aus einer anderen oder früheren Beziehung oder Ehe hat und die mit dem Erblasser nicht blutsverwandt sind.

Stiefkinder haben daher nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG wie leibliche Kinder einen Steuerfreibetrag von 400.000,00 €.

Freibetrag von entfernteren Verwandten und Nichtverwandten

Weiter entferntere Verwandte oder nicht mit dem Schenker oder Erblasser verwandte Personen haben nur einen Freibetrag von 20.000 €. Das ist bei der Erbfolgeplanung zu beachten.

Achtung: Auch Ihre Geschwister oder Ihre Nichten oder Neffen haben nur den geringen Freibetrag von 20.000 Euro.

Extra- Freibetrag für Familienheim

Weitere Steuerbegünstigungen ergeben sich beim Familienheim. Damit sind Übertragungen des gemeinsam genutzten Hauses an den Ehepartner kein Problem. Wegen der engen Voraussetzungen profitieren die Kinder in der Regel davon nicht und es gilt das oben zu den Freibeträgen der Kinder Gesagte.

Steuertarif bei der Erbschaftsteuer

Das erworbene Vermögen, dass nach Abzug der Begünstigungen und Freibeträge rechnerisch verbleibt, wird dann nach dem konkreten Steuertarif besteuert. Der Steuertarif ist gemäß § 19 ErbStG abhängig wieder von der familiären Nähe zum Verstorbenen/Schenker und von der Höhe des Erwerbes. Der Steuertarif beginnt bei 7 % für einen Erwerb bis 75.000 Euro für nahe Verwandte/Ehegatten und endet bei großen Erwerben von Nicht-Verwandten bei 50 %.

Für die Berechnung der Steuer werden auch Schenkungen aus den vergangenen zehn Jahren als zu versteuerndes Vermögen dazugerechnet, § 14 ErbStG. Bei der Nachfolgegestaltung sind somit unter erbschaftsteuerlichen Aspekten auch die schon erfolgten Schenkungen zu berücksichtigen.

Wie erfährt das Finanzamt vom Todesfall oder einer Schenkung?

Kreditinstitute wie Sparkassen, Banken, Bausparkassen, aber auch Lebensversicherungen und Vermögensverwahrer sind verpflichtet, beim Tod ihres Kunden das Finanzamt zu informieren. Das ergibt sich aus § 33 ErbStG und der dazugehörigen Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung (ErbStDV).

Die Informationspflicht entfällt nur, wenn der Wert des verwalteten Vermögens höchstens 5000 € beträgt, § 1 Abs. 4 ErbStDV.

Die Nachlassgerichte, Notare und Standesämter sind ebenfalls verpflichtet, das Finanzamt zu informieren, § 34 ErbStG.

Aus dieser Regelung ergibt sich auch, dass Notare und Gerichte, die Schenkungen beurkunden, ebenfalls das Finanzamt informieren müssen.

Wichtig für Erben und Schenker/Beschenkte: Außerdem besteht für Erben im Grundsatz eine Pflicht, innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis vom Erbfall, diesen beim zuständigen Finanzamt schriftlich anzuzeigen, § 30 ErbStG.

Bei Schenkung trifft die Pflicht Schenker und Beschenkte, § 30 Abs. 2 ErbStG.

Zuständig ist das Finanzamt nicht des Erben, sondern wo der Verstorbene wohnte, § 35 ErbStG. Wohnte der Verstorbene in Leipzig, sein Erbe wohnt in Halle (Saale), muss der Erbe das trotzdem beim Finanzamt in Leipzig anzeigen.

Wie kann man Erbschaftsteuer nach dem Erbfall sparen?

Absolut sinnvoll ist es, nicht nur bei großen Vermögen oder Erbschaften, schon bei der Gestaltung an die Erbschafsteuer zu denken.

Gibt es Begünstigte als Erben oder Vermächnisnehmer, die gar nicht oder nur weiter verwandt sind, muss man, wenn die Erbschaft einen Wert von 20.000 Euro überschreitet, über steuerliche Gestaltungen nachdenken.

Aber auch wenn das nicht bedacht wurde, kommt nach dem Tod die Ausschlagung von Erbteil oder Vermächtnis als steuerliches Gestaltungsmittel im Erbrecht in Betracht.

Trotzdem gilt: Ersparen Sie Ihren Erben, nach Ihrem Tod über Steueroptimierungen und Aussschlagungen nachdenken zu müssen.

Fazit: Lassen Sie sich für Ihr gut durchdachtes Testament, dass auch die steuerlichen Auswirkungen beachtet, rechtlich beraten.

Ihr Ansprechpartner im Erbrecht:
Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M., Leipzig

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