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15. November 2019 – Testament verloren – Reicht auch eine Testamentskopie?

Streit um kopiertes Testament

UPDATE 27. Februar 2020

Ein Vater hatte aus seiner ersten Ehe zwei Söhne. Nach dem Tod seiner Frau heiratete er erneut. In die Ehe brachte seine neue Frau eine kleine Tochter mit ein, die nun seine Stieftochter war. Nach dem Tod der Frau verstarb auch bald der Mann. Daraufhin beantragten die beiden Söhne einen Erbschein beim Nachlassgericht, der sie als Erben zu gleichen Anteilen nach der gesetzlichen Erbfolge ausweisen sollte. Jedoch legte die Stieftochter eine Kopie eines Testaments vor, in dem sie als Alleinerbin aufgeführt wurde und beantragte einen Erbschein. Die Söhne bestritten, dass der Vater das Testament eigenhändig geschrieben und unterschrieben habe. Außerdem soll der Vater das Originaltestament später selbst vernichtet haben, um es ungültig zu machen. Das Nachlassgericht entschied für die Stieftochter. Die beiden Söhne erhoben Beschwerde gegen den Beschluss, woraufhin das Nachlassgericht die Sache dem Kammergericht Berlin vorlegte. Das Kammergericht Berlin hatte daraufhin zu entscheiden.

Sachverständiger erkennt Echtheit der Testamentskopie

Anfangs sagten die Richter, dass man grundsätzlich ein Original-Testament vorzulegen hat, wenn man als Erbe aus einem solchen Rechte ziehen möchte. Es wird jedoch auch allgemein vertreten, dass ein Testament auch wirksam bleiben soll, wenn die Originalurkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers verschwindet. In diesen Fällen kann die Errichtung und der Inhalt des Testaments auch mit Hilfe anderer Beweismittel belegt werden. Dabei sind jedoch strenge Anforderungen an den Nachweis zu stellen. Hinzu kommt, dass die Stieftochter, als mögliche Alleinerbin, selbst beweisen muss, dass die Kopie von einem echten Testament des Vaters stammt. Die Richter zogen einen Sachverständigen für Schrift zu Rate. Dieser kam, nach Prüfung der Kopie, zu dem Ergebnis, dass es wahrscheinlicher ist, dass das Testament vom Vater selbst geschrieben wurde und nicht von einer dritten Person. Daraufhin erkannten die Richter das Testament als wirksam an.

Für wirksamen Widerruf braucht man Widerrufsabsicht und muss diese auch beweisen können.

Fraglich war nur noch, ob der Vater das Testament wirksam widerrufen hatte, da man nur noch eine Kopie hatte, aber kein Original. Jedoch wurde auch der Widerruf ausgeschlossen. Die Richter führten aus, dass es für Urkundenverlust viele Möglichkeiten gibt. Allein die Tatsache, dass das Originaltestament nicht auffindbar ist, begründet noch nicht die Vermutung, dass der Vater das Testament vernichtet hat, um es zu widerrufen. Nach Ansicht des Gerichts ist viel mehr das Vorliegen weiterer – unstreitiger oder bewiesener – Tatsachen notwendig, die in ihrer Gesamtheit auf bewusstes Vernichten durch den Vater in Widerrufsabsicht schließen lassen. Dies war nicht ersichtlich, weshalb das Testament anerkannt wurde. Die Stieftochter wurde Alleinerbin des Vaters.

Fazit: Bei handschriftlichen Testamenten besteht immer die Gefahr,
dass diese verlorengehen und dann Streit entsteht. Um dem vorzubeugen, sollten
Sie ihr Testament amtlich verwahren lassen. Wohnen Sie in Leipzig, wäre das
Amtsgericht Leipzig zuständig. Bei Erstellung des Testaments, sowie der
Veranlassung der amtlichen Verwahrung stehen wir Ihnen gerne beratend zur
Seite!

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 03.08.2018 – 6 W 52/18

OLG München, Beschluss v. 31.10.2019 – 31 Wx 398/17 zur Kopie eines Ehegattentestaments.

Zu einem verschwundenen Original eines Ehegattentestaments mit wechselbezüglichen Verfügungen hat das OLG München, Beschluss v. 31.10.2019 – 31 Wx 398/17 eine interessante Entscheidung getroffen.
 
Danach sind an den Nachweis der Vernichtungsabsicht bei der Vernichtung des Originals Ehegattentestaments hohe Anforderungen zu stellen: Die Möglichkeit, dass nur einer der Ehegatten die Urkunde ohne Kenntnis und Mitwirkung des anderen vernichtet hat, muss ausgeschlossen werden können.

Tipp:  Wegen der Gefahr, dass noch Kopien ihres bisherigen Testaments im Umlauf sind, sollten Sie nie ein Testament einfach nur vernichten, sondern ein Widerrufstestament machen, bzw. ein neues Testament mit neuem Inhalt, in dem sicherheitshalber auch nochmal alle bisherigen alten Testamente widerrufen werden.

Ihr Ansprechpartner für Erbrecht bei Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

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