Erbengemeinschaft

Insbesondere wenn jemand ohne Testament verstirbt und die gesetzliche Erbfolge gilt, gibt es häufig nicht nur einen Alleinerben, sondern es erben mehrere als Miterben.

Immer wenn mehrere Personen erben, wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben. Diese Erben sind Miterben und bilden – zwangsweise – eine Erbengemeinschaft am Nachlass, sofern sie ihr Erbe nicht ausschlagen.

Viele Erbfälle betreffen Miterbengemeinschaften zwischen dem überlebenden Ehegatten und den Kindern des Verstorbenen. Hat der Verstorbene keine Kinder führt das zur Erbengemeinschaft zwischen Ehepartner und den Eltern des Verstorbenen. Die Erbengemeinschaft führt häufig zu Streit, der durch ein Testament hätte verhindert werden können.

Beratung zur Erbengemeinschaft vom Rechtsanwalt:

  • Beratung zu streitvermeidenden Testamenten, Testamentsvollstreckung und Abstimmung mit der Vorsorgevollmacht
  • Beratung und Vertretung der Miterben bei der Verwaltung und Auflösung der Erbengemeinschaft
  • Vertretung beim Streit, bei der Teilungsversteigerung von Grundstücken und der Auflösung der Erbengemeinschaft

Wichtige Fragen zu Erbengemeinschaften

Wie entsteht eine Erbengemeinschaft?

Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch immer dann, wenn es nicht nur einen Alleinerben, sondern mehrere Erben gibt – unabhängig davon, ob die Erbfolge durch Testament geregelt ist oder die gesetzliche Erbfolge eingreift.

Was bedeutet Erbengemeinschaft?

Die Erbengemeinschaft ist rechtlich ein kompliziertes Konstrukt:

Der Nachlass geht mit allen Rechten, Werten und Schulden an die Erben als Ganzes über. Dies bedeutet: Jeder einzelne ist zwar Eigentümer des Nachlasses, aber nur mit den anderen Erben zusammen („Gesamthandsvermögen“).

Daher kann der einzelne Miterbe nicht allein über einzelne Nachlassgegenstände oder seinen Anteil an Nachlassgegenständen verfügen, § 2040 BGB und § 2033 II BGB.

Die Miterben bilden dann bezogen auf den Nachlass die Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft ist rechtlich eine so genannte Gesamthandsgemeinschaft.

Diese Gesamthandsgemeinschaft ist kein eigenständiges Rechtssubjekt. Sie kann also – anderes als eine BGB-Gesellschaft oder eine Wohnungseigentümergemeinschaft – nicht selbst Rechte erwerben oder abgeben. Rechtliche Akteure sind immer die Erben, aber eben nur gemeinsam, verbunden durch die Gesamthandsgemeinschaft.

Will beispielsweise ein Nachlassgläubiger Ansprüche gegen den Nachlass geltend machen, kann er nicht die Erbengemeinschaft verklagen, sondern muss gegenüber allen Erben vorgehen.

Gehört ein Anspruch zum Nachlass, zum Beispiel ein Zahlungsanspruch des Erblassers gegen einen Kunden, darf dieser nach der Grundstruktur der Erbengemeinschaft auch nur von allen Erben gemeinsam geltend gemacht werden.

Hier sieht das Gesetz aber eine Vereinfachung vor und ermächtigt jeden einzelnen Miterben allein, Leistungen zugunsten des Nachlasses zu fordern, aber nur in der Form, dass der Schuldner an alle Miterben leisten muss, § 2039 BGB. Damit ist einerseits der Forderungseinzug zugunsten des Nachlasses vereinfacht, andererseits aber sichergestellt, dass der Vermögenswert an alle Miterben geht.

Konkret bedeutet das beispielsweise:  Jeder einzelne Miterbe kann offene Forderungen mahnen und diese auch einklagen.

Wie wird der Nachlass in der Erbengemeinschaft verwaltet?

Auch die Verwaltung des Nachlasses steht allen Erben der Erbengemeinschaft nur gemeinschaftlich zu. Das BGB verpflichtet daher jeden Miterben, bei der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses mitzuwirken, § 2038 BGB. Jeder Miterbe kann diesen Anspruch auf Mitwirkung gegen die anderen Miterben einklagen.

Bei der Verwaltung des Erbes sind verschiedene Verwaltungsmaßnahmen zu unterscheiden, die jeweils andere Mehrheiten erfordern.

Mehrheit der Erben entscheidet im Normalfall

Wegen der gemeinschaftlichen Verwaltung des Nachlasses sieht das Gesetz als Grundfall das Einstimmigkeitsprinzip zwischen den Erben vor.

Um aber eine sinnvolle Nachlassverwaltung zu ermöglichen, reicht bei Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses die Mehrheit (Mehrheitsprinzip). Konkret bedeutet das: Wenn die Erben sich bei der normalen Verwaltung des Nachlasses nicht einigen können, kann eine Verwaltungsmaßnahme durch Stimmenmehrheit beschlossen werden. Für die Stimmengewichtung ist die Anteilsgröße am Nachlass relevant. Allerdings kann kein Miterbe über das Mehrheitsprinzip eine wesentliche Änderung des ganzen Nachlasses oder eines einzelnen Nachlassgegenstandes verlangen.

Kein Miterbe kann aber gegen seinen Willen über das Mehrheitsprinzip dazu gezwungen werden, eigenes Geld in den Nachlass zu investieren. Das Mehrheitsprinzip gilt auch nicht, wenn es um die Entscheidung über die Fortführung eines Handelsgeschäfts des Verstorbenen geht, weil dadurch jeder Erbe persönlich haften würde, §§ 25, 27 HGB.

Dringende Maßnahmen, zum Beispiel die dringende Reparatur am Dach eines Hauses nach einem Unwetter, kann ein Miterbe im Rahmen der Notgeschäftsführung auch ohne die Mitwirkung der anderen Erben veranlassen.

Ausnahme: Keine Verwaltung durch Miterben

Ausnahmen von der gemeinsamen Verwaltung des Nachlasses durch die Miterben gelten dann, wenn die Nachlassverwaltung auf einen Dritten übertragen ist:

Wenn im Testament die Testamentsvollstreckung angeordnet wurde, wird der Nachlass nicht von den Miterben, sondern vom Testamentsvollstrecker verwaltet.

Auch im Falle der Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenz dürfen die Miterben den Nachlass nicht mehr verwalten.

Was passiert mit einem Grundstück in der Erbengemeinschaft?

Wenn zum Nachlass ein Grundstück, beispielsweise ein Hausgrundstück gehört, besteht daran ebenfalls Gesamthandseigentum der einzelnen Miterben der Erbengemeinschaft.

Auch eine Teilungsanordnung, die im Testament bestimmt, dass einer der Erben dieses Grundstück am Ende erhalten soll, ändert daran nichts.

Beispiel: Im Nachlass sind zwei bebaute Grundstücke mit jeweils einem Wohnhaus, eins in Leipzig, eins in Dresden. Im Testament hat der verstorbene Vater Benno verfügt, dass seine zwei Kinder erben sollen (= Erbengemeinschaft). Weiter steht im Testament: Das erste Kind erbt das Haus in Dresden, das zweite Kind erbt das Haus in Leipzig (= Teilungsanordnung).
Die beiden Erben erben automatisch gemeinsam den gesamten Nachlass des Vaters, auch die Grundstücke und werden damit Gesamthandseigentümer beider Grundstücke. Dann müssen sie das Erbe noch gemäß der Teilungsanordnung des Verstorbenen aufteilen. Die beiden Miterben müssen dafür beim Notar einen Auseinandersetzungsvertrag beurkunden lassen, damit die den Erben jeweils zugedachten Grundstücke als Alleineigentümer übertragen werden.

Der automatische Übergang an die Erben in Erbengemeinschaft gilt auch, wenn das Hausgrundstück als Vermächtnis an einen der Erben oder einen Außenstehenden im Testament vermacht wurde. Auch hier muss das Grundstück von allen Miterben noch auf den Vermächtnisnehmer als Alleineigentümer übertragen werden.

Mehr zur Beim Grundstück verhindert die Teilungssanordnung im Normalfall die Teilungsversteigerung der Immobilie.

Bei der Testamentsgestaltung ist darauf zu achten, dass der entsprechende Wille klar erkennbar ist. Häufig bleibt unklar, ob wirklich eine Teilungsanordnung gewollt ist, die nichts an den Erbquoten ändert. Alternativ könnte es sich auch um ein sogenanntes Vorausvermächtnis handeln, wenn ein Erbe einen bestimmten Gegenstand erhält und es hinsichtlich des übrigen Erbes bei der gewünschten Erbquote bleibt.

Bestimmung eines Schiedsgerichts im Testament

Im Testament kann man für Streitigkeiten zwischen den Erben bei der Auseinandersetzung des Nachlasses die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vorsehen. Das kann auch ein einzelner Schiedsrichter sein, der im Streitfall eine bindende Entscheidung ohne ein staatliches Gericht treffen kann. Schiedsrichter kann auch der Testamentsvollstrecker sein, allerdings nur wenn er nicht selbst Miterbe ist.

Haftung der Miterben der Erbengemeinschaft?

Vererbt werden auch die Schulden des Verstorbenen. Dafür und auch für die Schulden, die aus dem Erbfall entstehen, haftet ein Erbe unbeschränkt auch mit seinem eigenen Vermögen. Der Erbe kann diese Haftung aber auf den Nachlass beschränken. Das gilt im Grundsatz ebenso für die Erbengemeinschaft:

Die Miterben haften als Gesamtschuldner. Ein Gläubiger des Verstorbenen kann von jedem einzelnen Miterben die Leistung in ganzer Höhe verlangen, § 2058 BGB.

Vor der Teilung des Nachlasses, haftet der Miterbe vorläufig nur beschränkt auf den Nachlass.

Über Ihre individuelle Nachlassgestaltung und bei Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft berät und vertritt Sie Rechtsanwalt Alexander Grundmann.

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