Der Begriff „vorweggenommene Erbfolge“ ist zwar nicht eindeutig im Gesetz definiert, wird aber an verschiedenen Stellen im Gesetz verwendet.
§ 7 I Höfeordnung (HöfeO) erlaubt, dass der Eigentümer des Hofes dem Hoferben den Hof im Wege der „vorweggenommenen Erbfolge“ statt durch Verfügung von Todes wegen übergeben kann
Im Pachtrecht regelt § 593 a Satz 1 BGB den Eintritt des Übernehmers in den Pachtvertrag, wenn bei der Übergabe eines Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein zugepachtetes Grundstück mitübergeben wird.
Auch im ehelichen Güterrecht findet sich ein Bezug zur vorweggenommenen Erbfolge: §§ 1374 II, 1477 II, 1478 II Nummer 2 BGB benennen einen „Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht“ und nehmen bestimmte Gegenstände vom Zugewinnausgleich bzw. von der Auseinandersetzung von Gesamtgut aus.
Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 1. Februar 1995, IV ZR 36/94 die vorweggenommene Erbfolge so definiert:
„Unter einer Vorwegnahme der Erbfolge versteht man die Übertragung des Vermögens (oder eines wesentlichen Teils davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als Erben in Aussicht genommene Empfänger, sie richtet sich im Grundsatz nicht nach dem Erbrecht, sondern muss sich der Rechtsgeschäfte unter Lebenden bedienen. In diesem Rahmen bestehen für sie vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Ein typisches Mittel ist der Übergabevertrag.“
Vorweggenommene Erbfolge umschreibt also die Übertragung eines Vermögensgegenstands oder eines Vermögens auf einen Erwerber mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht. Beim Erbfall wäre der Erwerber erbberechtigt
Häufig wird die Versorgung des Übergebers mitgeregelt und andere Erbberechtigte, z. B. die Geschwister des Erwerbers erhalten Ausgleichszahlungen.
Begrifflich ist die vorweggenommene Erbfolge weiter als eine bloße Schenkung, auch wenn die vorweggenommene Erbfolge häufig im Wege einer Schenkung vollzogen wird.
Zusammenfassung: Vorweggenommene Erbfolge bedeutet:
(1) Vermögen wird schon zu Lebzeiten übertragen;
(2) auf einen oder mehrere zukünftige Erben (meist Kinder oder Enkel)
(3) als Vorgriff auf die Erbfolge.
Das bedeutet: Die vorweggenommene Erbfolge unterliegt als Rechtsgeschäft unter Lebenden nicht den Regeln des Erbrechts. Steuerlich wird es im Wesentlichen gleichbehandelt („Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz – ErbStG).
Welche Möglichkeiten der vorweggenommenen Erbfolge gibt es
Unentgeltliche Zuwendungen ohne Gegenleistung
- Schenkung
- Schenkung unter Auflage
- Ausstattung
Unentgeltliche Zuwendung mit Gegenleistung
- Erb- bzw. Pflichtteilsverzichten
- Versorgungsleistungen (Nießbrauch, Wohnungsrecht, Altenteil, Leibrente, Pflegeverpflichtungen, dauernde Last)
- Anrechnungspflichten auf Pflichtteils- und Erbansprüche
- Abstandszahlungen
Bei der Planung der Vorweggenommenen Erbfolge ist zu beachten: Im Todesfall des „Schenkers“ greifen die Regelungen der Ausgleichung und Anrechnung auf Pflichtteils- und Erbansprüche sowie Rechtstipps und Urteile