Ein Erbe fällt dem gesetzlichen oder testamentarischen Erben automatisch zu, selbst wenn er gar nichts vom Sterbefall weiß oder das Testament nicht kennt.
Deshalb ist die Erbschaft zunächst nur vorläufig bei den Erben. Der automatisch zum Erben Gewordene kann seine Erbenstellung unter Einhaltung von Fristen durch Ausschlagung rückgängig machen.
Hauptgrund für eine Ausschlagung ist für die meisten Erben eine (vermutete) Überschuldung des Nachlasses. Durch die Ausschlagung wird die persönliche Haftung der Erben für Schulden des Gestorbenen vermieden.
Auschlagung nicht nur bei Schulden im Nachlass
Was viele nicht wissen: Eine Ausschlagung kann aber auch gerade beim werthaltigen Nachlass aus taktischen Gründen sehr sinnvoll sein.
Da die meisten an die Ausschlagung nur im Zusammenhang mit Überschuldung des Erbes denken, sollen im nächsten Artikel die verschiedenen Gründe für eine „taktische“ Ausschlagung besprochen werden. Dieser Artikel zur Auschlagung dient der Übersicht.
Hintergrund der Ausschlagung: Die Ausschlagung ist ein Gestaltungsrecht, die den Erben rückwirkend in einen Nicht-Erben „verwandelt“. Nach § 1942 Abs. 1 BGB kann jeder Erbe die Erbschaft im Nachhinein, rückwirkend, ausschlagen. Nur der Fiskus (also der Staat, konkret das jeweilige Bundesland), der gesetzlicher Erbe wird, wenn es kein Testament und keine Verwandten gibt, muss die Erbschaft behalten, § 1942 Abs. 2 BGB. Zur Haftungsbegrenzung beantragt der Fiskus dann in aller Regel eine Nachlassinsolvenz.
Es gibt zwei erbrechtliche Situationen für „Taktische Ausschlagung“
(1) Gibt es kein Testament – dann kann man über die taktische Ausschlagung zur Korrektur der gesetzlichen Erbfolge kommen.
(2) Es gibt ein Testament, das aber z.B. aus steuerlichen Gründen nicht passt. Hier führt die taktische Ausschlagung einzelner testamentarischer Erben zur Korrektur eines unpassenden Testaments nach dem Erbfall.
In beiden Fällen ist die Ausschlagung ein Mittel, um falsche Entscheidungen des Erblassers zu korrigieren.
Ausschlagung des Erbes führt normalerweise zum Verlust des Pflichtteils
Nach allgemeinen Grundsätzen hat eine Erbe, der sein Erbe durch Ausschlagung verloren hat, auch keinen Pflichtteilsanspruch.
Es gibt aber zwei wichtige Ausnahmen:
Die Möglichkeit der Ausschlagung ohne Verlust des Pflichtteils ist für den Ehegatten deswegen eröffnet, weil das in der Ausnahmeregelung des § 1371 Abs. 3 BGB steht.
Eine weitere Ausnahme ist § 2306 BGB: Wenn der Erbe „beschränkt“ ist durch Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung oder eine Teilungsanordnung oder „beschwert“ durch ein Vermächtnis oder eine Auflage, verliert er durch die Ausschlagung ebenfalls das Pflichtteilsrecht nicht.
Das bedeutet, im Testament kann man unbewusst oder bewusst für den Erben die Möglichkeit einbauen, das Erbe ausschlagen zu können, ohne den Pflichtteil zu verlieren.
Im nächsten Artikel werden die Fallkonstellationen beschrieben, bei denen eine taktische Ausschlagung in Betracht kommt.
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Rechtsanwalt Alexander Grundmann in Leipzig
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