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30. Mai 2024 – Kosten des Erbscheins und wie man sie vermeidet

Ein Erbschein kostet Geld und natürlich Zeit und Nerven. Daher ist es sinnvoll, in der Nachfolgeplanung zu prüfen, ob man seinen Erben diesen Aufwand ersparen kann.

Wie hoch sind die Kosten des Erbscheins

Für einen Erbschein fallen beim Nachlassgericht Gerichtsgebühren an. Diese sind vom Erben zu bezahlen und bestimmen sich nach dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls, für den der Erbschein beantragt wird. Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG).

Nachlasswert ist relevant für Kosten des Erbscheins

Die Berechnung des Wertes für die Ermittlung der Erbscheinkosten richtet sich nach § 40 Abs. 1 Satz 2 GNotKG.

Grundlage ist der Wert des „reinen“ Nachlasses (§ 40 GNotKG). Von den Aktiva des Nachlasses werden die Schulden des Verstorbenen (=Erblasserschulden) abgezogen.

Was sind Erblasserschulden für die Berechnung der Erbscheinskosten

Die Erblasserschulden sind die Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 1967 Abs. 2 BGB).

Erblasserschulden sind alle Schulden des Erblassers, die bereits bei seinem Tode entstanden waren. Das sind z.B. Darlehen des Verstorbenen oder Grundschulden auf seinen Grundstücken, in Höhe ihrer Valutierung beim Todesfall.

Selbst Schulden des Verstorbenen gegenüber dem Erben, auch wenn sie durch Konfusion – der Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person des Erben – erloschen sind, sind für die Wertberechnung abzugsfähig.

Aber: Nicht abgezogen werden die sogenannten Erbfallschulden. Das sind Verbindlichkeiten, die jeweils den Erben oder die Erben treffen. Die wichtigsten Erbfallschulden, die nicht abgezogen werden können, sind:

  • Pflichtteilsansprüche,
  • Vermächtnisse,
  • Auflagen,
  • die durch den Erbfall ausgelösten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten,
  • die Erbschaftsteuer,
  • Beerdigungskosten (§ 1968 BGB),
  • der Dreißigste (§ 1969 BGB),
  • der schuldrechtliche Zugewinnausgleich (§ 1371 Abs. 2, 3 BGB, § 1378 BGB),
  • alle in § 324 InsO genannten Verbindlichkeiten.
Beispiel: Anna verstirbt. Sie hinterläßt ein Vermögen in Höhe von 200.000 EUR. Dazu gehört auch eine durch Kredit finanzierte Eigentumswohnung. Der Immobilien-Kredit besteht noch in Höhe von 100.000 EUR. Die Beerdigungskosten von 5000 Euro hingegen mindern den Geschäftswert nicht. Für die Berechnung der Erbscheinskosten ist der Wert des Nachlasses dann 100.000 EUR.

Nachdem der Geschäftswert klar ist, kann die konkrete Gebühr ermittelt werden:

Erbscheinsantrag kostet im Normalfall zwei Gebühren

Die Erteilung des Erbscheins kostet eine volle Gebühr, Nr. 12210 KV GNotKG. Da das Nachlassgericht vom Antragsteller im Normalfall immer eine eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit der Angaben verlangt, entsteht für die Beurkundung dieser eidesstattlichen Versicherung eine weitere Gebühr, Nr. 23300 KV GNotKG. Damit kostet der Erbschein zwei Gebühren. (Wenn Sie die eidesstattliche Versicherung über den Notar abgeben, kommt noch die Mehrwertsteuer dazu.)

Die Höhe einer Gebühr ergibt sich aus Tabelle B zum GNotKG. Bei einem Nachlasswert von 100.000 EUR ist eine volle Gebühr 273 EUR. Der Erbschein kostet bei diesem Nachlasswert damit im Normalfall 546 EUR.

Bei einem Nachlasswert von 250.000 Euro erhöht sich die Gebühr auf zweimal 535 Euro, bei 500.000 Euro sind es zweimal 935 Euro.

Auskunftspflicht des Erben gegenüber dem Nachlassgericht

Das Nachlassgericht schickt dem Erben für die Berechnung der Gebühren einen Wertfragenbogen, in dem die Nachlasswerte angegeben werden müssen.

Die Mitteilungs- und Auskunftspflichten des Erben ergeben sich aus § 77 GNotKG.

Das Nachlassgericht (und auch der Notar) können Auskünfte über den Nachlasswert zur Gebührenfestsetzung beim der Erbschaftsteuerstelle des zuständigen Finanzamtseinholen, § 40 Abs. 6 GNotKG. Das Steuergeheimnis (§ 30 AO) gilt wegen dieser Regelung dafür nicht.

Wie erspart man seinen Erben die Erbscheinskosten?

Was auch viele Erben nicht wissen: Bei einem Erbfall muss man nicht zwingend einen Erbschein beantragen. Ein Ziel der Nachlassplanung kann und sollte es sein, einen Erbschein zu vermeiden.

Vorsorgevollmacht zur Vermeidung eines Erbscheins

Die Vorsorgevollmacht wird oft nur im Zusammenhang mit Krankheiten angesprochen. Man kann damit aber auch Nachlässe abwickeln.

Eine über den Tod hinaus geltende Vorsorgevollmacht kann dem Erben bei einem normalen Nachlass ohne Immobilieneigentum den Erbschein ersparen. Der Erbe kann sich dann zwar nicht mit dem Erbschein ausweisen, kann aber weiter als Bevollmächtigter des Verstorbenen handeln. Bei einer gut gemachten Vorsorgevollmacht benötigt er beispielsweise zur Legitimation gegenüber der Bank keinen Erbschein.

Warum trotzdem eine extra Bankvollmacht?

Sinnvoll ist es trotzdem, für Bankkonten und Wertpapierdepots parallel für den Bevollmächtigten eine über den Tod hinaus geltende Vollmacht auf dem jeweiligen Formular des Kreditinstituts gegeben wird. Das ist zwar rechtlich nicht notwendig, da das von der Vorsorgevollmacht in Form einer Generalvollmacht mit umfasst ist, aber erspart oft unnötige Diskussionen und Streit mit dem Kreditinstitut. Mit einer Vollmacht auf einem eigenen Muster der Bank kann jeder Bankmitarbeiter umgehen.

Fazit: Sie können Ihren Erben erhebliche Kosten sparen, wenn zu deren beraten zu lassen! Dieser Aspekt der Vorsorgevollmacht wird oft übersehen. Aber mit einer gut gemachten Vorsorgevollmacht kann man in vielen Fällen den Erben einen Erbschein ersparen!

Lassen Sie sich beraten.

Rechtsanwalt Alexander Grundmann in Leipzig

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