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29. April 2024 – Vermeidbarer Fehler im Testament: Ersatzerbe vergessen

Auch bei durchdachten Erbplanungen gibt es einen häufigen (Denk-) Fehler in Testamenten. Die Erb-Gestaltungen gehen häufig vom aktuellen Stand in der Familie aus. Nicht berücksichtigt wird, dass sich die Verhältnisse der einzelnen Familienmitglieder ändern oder die Wunscherben auch vor einem selbst sterben können. Diesen vielleicht unwahrscheinlichen, aber möglichen Fall sollte man durch Einsetzung eines Ersatzerbens regeln.

Warum muss in jedes Testament eine Ersatzerbenregelung?

Ein Ersatzerbe ist ein im Testament für den Fall eingesetzte Erbe, dass ein Erbe vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls wegfällt. Geregelt ist der Ersatzerbe in den §§ 2096 ff. BGB.

Der naheliegenste Grund, einen Ersatzerben zu bestimmen, ist, wenn der Wunscherbe vor dem Testierenden stirbt. Ein Kind kann auch vor seinen Eltern sterben. Dafür muss es abstrakt im Testament eine Ersatzerbenregelung geben.

Es gibt aber weitere Gründe für den Wegfall eines Erben vor oder nach dem Erbfall:

Wegfall eines Erben nach dem Erbfall

Am wichtigsten ist der Wegfall eines Erben nach dem Erbfall, weil dann das Testament nicht mehr an die neuen Umstände angepasst werden kann. Der Testierende ist schließlich tot.

Gründe für den Wegfall des Erben nach dem Erbfall (=dem Tod desjenigen der das Testament gemacht hat) sind:

  • Erbausschlagung durch den testamentarischen Erben nach §§ 1942 ff. BGB.
  • Anfechtung der Erbeinsetzung nach § 2078,2079
  • Erbunwürdigkeitserklärung nach § 2344 BGB

Wegfall eines Erben vor dem Erbfall

Fällt ein Erbe vor dem Erbfall weg, kann im Normalfall das Testament noch geändert werden. Aber nicht immer ist das noch möglich. Ist der Testierende nicht mehr testierfähig, kann er auch das Testament nicht mehr ändern. Selbst wenn noch Testierfähigkeit besteht, können spätere Zweifel an der Testierfähigkeit zum Streit im Erbscheinverfahren führen.

Gründe für den Wegfall eines Erben vor dem Erbfall:

  • Tod des Erben vor dem Erblasser
  • Nichterleben einer aufschiebenden Bedingung gemäß § 2074 BGB
  • Eintritt einer auflösenden Bedingung
  • Unwirksamkeit der Erbeinsetzung
  • Widerruf einer Erbeinsetzung
  • Zuwendungsverzichtsvertrag nach § 2352 BGB

Wie macht man eine Ersatzerbenregelung?

Im gleichen Testament wird nicht nur ein oder mehrere Erben eingesetzt, sondern jeweils auch ein Ersatzerbe benannt. Die Ersatzerbenbestimmung kann man auch auf einzelne Wegfallgründe beschränken.

Ein Ersatzerbe sollte zumindest für die Fälle bestimmt werden, wenn der Wunscherbe vor dem Erblasser stirbt oder der Wunscherbe das Erbe ausschlägt.

Was passiert ohne Ersatzerbenregelung?

Fehlt eine Ersatzerbenregelung, kann das später zu Unsicherheit und Streit führen.

Das BGB gibt zwar für unvollständige Testamente Auslegungsregelungen vor, siehe §§ 2096 bis 2099 BGB. Diese Regelungen gelten aber nur, wenn das Testament Ersatzerben bestimmt.

Gibt es gar keine Ersatzerben-Regelung im Testament, kann durch Auslegung eine mutmaßliche Ersatzerbeneinsetzung ermittelt werden.

Kommt eine solche Auslegung nicht zu einem Ersatzerben, hilft manchmal noch eine gesetzliche Auslegungsregel wie § 2069 BGB.

Beispiel:              EinVater setzt seinen Sohn zum Erben ein, bestimmt aber keinen Ersatzerben. Der Sohn ist vor dem Vater verstorben. Nach § 2069 BGB wird der Enkel, der Sohn des verstorbenen Sohnes, Ersatzerbe.

Da dies aber nur eine Zweifelsregelung ist, sollte – wenn das so gewünscht wird – diese Rechtsfolge ausdrücklich so im Testament geregelt werden.

Eine Formulierung könnte sein: „Ersatzerben weggefallener Miterben sind deren Abkömmlinge, mehrere unter sich nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.“

Die Auslegung kann sonst zu eigentlich unerwünschten Ergebnissen führen.

Ersatzerbe auch, wenn der Wunscherbe seinen Pflichtteil verlangt?

Legt man seinen Erben im Testament Beschwerungen wie Testamentsvollstreckung auf, muss man die Auswirkungen auf eine Ersatzerbenregelung durchdenken.

Hintergrund: Ein pflichtteilsberechtiger Erbe kann, unter den Voraussetzungen des § 2306 BGB, das Erbe ausschlagen und trotzdem noch seinen Pflichtteil verlangen. Dieser Erbe ist auch wegfallen. Hier sollte dann im Testament ausdrücklich geklärt werden, ob dann trotzdem seine Kinder zusätzlich noch Ersatzerben werden.

Fazit: Bei der Gestaltung eines Testaments muss immer auch daran gedacht werden, dass ein Erbe wegfällt oder die Dinge sich anders entwickeln. Lassen Sie sich zumindest im Rahmen einer Erstberatung vor der Erstellung eines Testaments beraten!
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