Nicht selten kommt es in von uns betreuten Erbfällen vor, dass sich jemand freiwillig um einen älteren Menschen gekümmert hat und dabei auch Kontovollmacht hatte. Nach dem Tod tauchen plötzlich Erben auf, die sich zu Lebzeiten des Verstorbenen nicht gekümmert haben und erwarten eine große Erbschaft.
Wenn die Erbschaft dann geringer ausfällt, richten sich die Begehrlichkeiten gegen den Helfer des Verstorbenen. Wenn derjenige auch noch regelmäßig für den Verstorbenen Geld abgehoben hat, fordern die Erben dann Auskunft, was mit dem Geld passiert ist. Der Ausgangspunkt der Überlegungen der Erben ist häufig auch falsch, wenn sie nicht akzeptieren, dass jeder bis zu seinem Tod auch mit seinem Geld machen kann was er will.
Der Bevollmächtigte, der in gutem Glauben gehandelt hat, hat häufig keine Quittungen und steht dann im Verdacht, Geld bei Seite geschafft zu haben. Im schlimmsten Fall erheben die Erben Klage.
Das OLG Düsseldorf entschied jetzt zu Gunsten eines Kontobevollmächtigen, dass die Erben keine Rechnungslegung fordern können, wenn der verstorbene Erblasser über Jahre vom Bevollmächtigten selbst keine Nachweise verlangt hat.
Sohn hob mit Vollmacht Geld vom Konto ab
Die verstorbene Erblasserin hatte zwei Söhne, einer hatte Kontovollmacht. Mit der Vollmacht hob der Sohn in sechs Jahren ca. 345.000 € ab. Nach dem Tod der Mutter wollte der andere Sohn Rechnungslegung über die Abhebungen von seinem Bruder.
Verzicht der Mutter auf Rechnungslegung
Das OLG Düsseldorf verweigerte dem Bruder die Auskünfte mit folgenden Argumenten:
Ursprünglich bestand ein Anspruch auf Rechnungslegung der Mutter gegen den Sohn.
Nach Meinung des OLG Düsseldorf hat die Mutter aber auf den Auskunftsanspruch verzichtet. Zwar gab es keinen ausdrücklichen Verzicht, laut Gericht aber einen konkludenten Verzicht. („Konkludent“ bedeutet durch schlüssiges Verhalten).
Will man einen konkludenten Verzicht annehmen, muss man aus dem Verhalten der Mutter schließen können, dass sie auf keinen Fall eine Rechnungslegung von ihrem Sohn wollte, egal was er mit der Kontovollmacht machte.
Dieses schlüssige Verhalten sah das Gericht darin, dass die Mutter „über Jahre Rechnungslegung nicht verlangt“ hatte.
Nach Ansicht des OLG Düsseldorf reicht das für die Verwirkung der Ansprüche der Mutter, die auch der Sohn als Erbe gegen sich gelten lassen muss.
Die Argumente des klagenden – zukurzgekommenen – Sohnes, die Mutter sei vom bevollmächtigten Sohn abhängig gewesen und dieser habe mit Liebesentzug gedroht, sowie der Umstand, dass die Mutter gesundheitlich nicht in der Lage war, ihre Ansprüche zu verfolgen, ließ das Gericht nicht gelten.
Der Anspruch auf Rechnungslegung bestand nicht mehr.
Für den Bevollmächtigten besteht in solchen Konstellationen immer das Risiko, dass ein Gericht urteilt, dass Ansprüche auf Auskunfts- und Rechnungslegung bestehen (Überblick über Urteile zur Auskunftspflicht von Bevollmächtigten).
OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2014 – 3 U 88/14
Tipp für den „Betreuer“: Wenn Sie sich um einen älteren Menschen, der nicht mehr alles selbst schafft, kümmern und für ihn auch Geldabhebungen und Überweisungen vornehmen, raten wir, dass Sie sich jede Zahlung quittieren lassen. Ihnen kann so später kein Vorwurf gemacht werden.
Nach Möglichkeit sollten Sie so wenig wie möglich unterschreiben, sondern Überweisungen, Abhebungsbelege möglichst vom Kontoinhaber selbst unterschreiben lassen.
Auch wenn das Urteil Erleichterung schafft, sollten Sie es möglichst nicht darauf ankommen lassen. Ziel muss es sein, nicht angreifbar zu sein und etwaige Verdächtigungen der Erben mit Belegen beantworten zu können, um Streit zu vermeiden.
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Tipp an die „Erben“: Wenn Sie wissen, dass die „Erbtante“ Hilfe braucht, helfen Sie zu Lebzeiten und warten nicht bis zum Tod. Dann wird auch kein „Fremder“ eine Vollmacht für das Konto bekommen und Sie können Einfluss auf die Verwendung des Geldes nehmen.
Ich berate Sie, wie Sie Streit aus Vorsorgevollmachten vermeiden können.
Rechtsanwalt Alexander Grundmann, Leipzig
Rechtstipps und Urteile