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30.07.2015: Wie werden Stiefkinder im Erbrecht und bei der Erbschaftsteuer behandelt?

Da heute viele Kinder mit dem neuen Lebenspartner oder Ehepartner des leiblichen Elternteils aufwachsen (verwendet wird dafür oft der Begriff „Patchwork-Familie“) , stellt sich die Frage, ob und welches Erbrecht die Kinder haben. Im Erbrecht ist zusätzlich immer auch noch die Erbschaftsteuer zu beachten. Daher ist auch die Behandlung der nicht leiblichen Kinder im Erbschafsteuerrecht interessant.

Was ist ein Stiefkind?

Ein Kind des Ehegatten, der das Kind aus einer anderen oder früheren Beziehung oder Ehe hat und das mit dem anderen Ehepartner nicht blutsverwandt ist, weil es weder von ihm gezeugt noch geboren wurde, ist rechtlich ein Stiefkind.

Kein gesetzliches Erbrecht des Stiefkindes gegenüber Stiefvater bzw. Stiefmutter

Stiefkinder werden vom Gesetz – zumindest was das gesetzliche Erbrecht betrifft – nicht genauso behandelt wie leibliche Kinder. Für das Erbrecht ist unbedingt zu beachten, dass Stiefkinder nicht gesetzlich erbberechtigt sind. Weil sie rechtlich nicht mit dem Ehegatten ihres leiblichen Elternteils verwandt sind, zählen sie nicht zu den gesetzlichen Erben.
Sollen die Stiefkinder trotzdem erben, muss unbedingt ein Testament/Erbvertrag gemacht werden. Sonst erbt das Stiefkind nichts.

Beispiel:   Sollen in einer „Patchworkfamilie“ alle gemeinsamen Kinder und Kinder nur des Mannes oder nur der Frau (im Verhältnis zum Ehepartner also Stiefkinder) gleich erben, müssen die Eltern zwingend ein Testament machen. Geschieht dies in Form eines Berliner Testaments, muss die Problematik des Pflichtteilsrechts, das jeweils nur zugunsten des leiblichen Kinds besteht, beachtet werden.

Eine – theoretische – Alternative zum Testament wäre die Adoption. Geht es nur um das Erbrecht, ist aber ein Testament der einfachere und preiswertere Weg. Die Adoption wird nur relevant, wenn es gleichzeitig darum geht, leibliche Kinder zu enterben. Dort führt die Adoption zur Erhöhung der Zahl der gesetzlichen Erben und damit rechnerisch zu niedrigeren Pflichtteilsquoten. Mehr

Stiefkinder im Erbschaftssteuerrecht

Die Ungleichbehandlung im Erbrecht gibt es im Erbschaftsteuerrecht überraschenderweise nicht. Erbt ein Stiefkind von Stiefvater oder Stiefmutter als testamentarischer Erbe (nur so wird er Erbe -siehe oben) ist es für die Erbschaftsteuer nach dem Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) dem leiblichen Kind gleichgestellt.
Ein Stiefkind gehört gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG zu den steuerlich begünstigten Personen in Steuerklasse I. Stiefkinder haben somit bei der Erbschaftsteuer (und bei der Schenkungssteuer) zum einen einen Steuerfreibetrag von 400.000,00 € (statt 20.000 € für nicht-Verwandte) und unterliegen außerdem bei Überschreiten des Freibetrags den günstigsten Erbschaftssteuersätzen.

Fazit:

Gesetzlich werden Stiefkinder im Erbrecht anders als leibliche Kinder betrachtet, aber nach einem Testament bei der Erbschaftssteuer behandelt wie eigene leibliche Kinder. Dies führt insbesondere bei Patchworkfamilien zu einer steuerlichen Gleichbehandlung der Kinder.

Wir beraten Sie gerne zur richtigen erbrechtlichen Gestaltung für Sie und Ihre Familie!

Ihr Ansprechpartner für Erbrecht in Leipzig
Rechtsanwalt Alexander Grundmann

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