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Was ist ein Vermächtnis?- Vermächtnisse im Erbrecht richtig einsetzen

letzte Aktualisierung 11. März 2021

Ein Vermächtnis können Sie im Testament oder Erbvertrag anordnen.

Das Vermächtnis ist keine Erbeinsetzung, sondern die Zuwendung eines bestimmten Vermögensvorteils. Der Bedachte des Vermächtnisses ist der Vermächtnisnehmer. Vermächtnisnehmer kann ein anderer Mensch oder auch eine juristische Person sein.

Nach dem deutschen Erbrecht können verschiedene Nachlassgegenstände direkt nicht an verschiedene Erben vererbt werden, sondern diese bilden automatisch an allen Nachlassgegenständen eine Erbengemeinschaft.

Einzelne Nachlassgegenstände lassen sich zwar durch Testament einzelnen Erben oder Vermächtnisnehmern zuweisen, erstmal geht aber alles automatisch auf alle Erben über. Ein Vermächtnis ist daher im deutschen Erbrecht ein wichtiges Gestaltungsmittel, um einzelne Gegenstände zu übertragen.

Beispiel: Benno hat zwei Häuser und zwei Söhne. Er kann einzelne Nachlassgegenstände nicht so vererben, dass Haus 1 in Leipzig automatisch auf den Sohn 1 und Haus 2 in Halle auf den Sohn 2 übergeht. Vielmehr entsteht zuerst am gesamten Nachlass und damit auch an beiden Häusern automatisch eine Erbengemeinschaft, die dann so aufgelöst wird, dass innerhalb der Erbengemeinschaft Haus 1 in Leipzig dem Erben 1 und Haus 2 in Halle dem Erben 2 übertragen wird.

Eine sinnvolle Alternative ist das Vermächtnis, weil damit streitanfällige Erbengemeinschaften verhindert werden.

Das Vermächtnis steht in § 1939 BGB, die Details sind in §§ 2147-2191 BGB geregelt.

Was ist der Unterschied zwischen Vermächtnis und Erbeinsetzung?

Der Begünstigte eines Vermächtnisses wird nicht Erbe. Im Unterschied zum Erben tritt der Vermächtnisnehmer damit nicht automatisch in alle Rechte und Pflichten des Erblassers – auch nicht hinsichtlich des Vermächtnisgegenstands – ein. Er wird damit auch nicht Mitglied der Erbengemeinschaft.

Weil das Vermächtnis nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Erfüllung des Vermächtnisses gegen den Erben verschafft, bekommt der Vermächtnisnehmer den Vermächtnisgegenstand nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers. Vielmehr muss der Gegenstand noch übereignet werden.

Beispiel: Die verwitwete Anna verstirbt. In ihrem Testament hat sie bestimmt, dass ihr einziger Sohn Alleinerbe werden soll. Im Testament hat sie auch ein Vermächtnis aufgenommen, nachdem ihre Eigentumswohnung der Enkel bekommen soll.

Da der Sohn Alleinerbe ist, erbt er den gesamten Nachlass seiner Mutter, auch die Eigentumswohnung. Sein Sohn (=Annas Enkel) kann aber als Erfüllung des Vermächtnisses – die Übertragung der Eigentumswohnung auf sich verlangen. (

Die Auslegungsregelung in § 2087 BGB bestimmt: Wird das gesamte Vermögen oder ein Bruchteil des Vermögens im Testament zugewendet, ist es eine Erbeinsetzung. Werden nur einzelne Gegenstände zugewendet ist das im Zweifel keine Erbeinsetzung, sondern ein Vermächtnis.

Auch hier sollte man sich nicht auf eine spätere Auslegung verlassen, sondern gleich unmissverständlich und klar im Testament formulieren.

Was ist bei Vermächtnissen im gemeinschaftlichen Ehegattentestament zu beachten?

Wollen Sie ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichten und ein Vermächtnis bestimmen, müssen Sie bedenken, dass jeder Ehegatte nur über sein Vermögen verfügen darf.

Beispiel: Beide Ehegatten sind Miteigentümer einer Eigentumswohnung zu je 1/2. Im Testament verfügen sie ein Vermächtnis an der Eigentumswohnung zu Gunsten ihres Enkels.

Um eine Auslegung – und damit Streit – zu vermeiden, sollte klar formuliert werden, dass jeder Ehegatte seinen Miteigentumsanteil als Vermächtnis vermacht. Zudem muss geklärt werden, wann das Vermächtnis anfallen soll. In der Regel soll das Vermächtnis erst nach dem Tod des zweitversterbenden Ehegatten anfallen, damit der überlebende Ehegatte den Gegenstand noch behalten darf. Das sieht auch die Auslegungsregel des § 2269 Abs. 2 BGB vor.

Vermächtnisse wegen der Erbschaftsteuer im Ehegattentestament?

Damit Freibeträge der Kinder beim ersten Erbfall nicht verfallen, kann man den Kindern beim Tod des ersten Ehegatten Vermächtnisse hinterlassen.

Sollen erbschaftsteuerliche Freibeträge ausgenutzt werden, ist der Anfall des Vermächtnisses am Miteigentumsanteil des erstversterbenden Ehegatten bereits bei seinem Tode sinnvoll, weil der Vermächtnisnehmer einen eigenen Freibetrag bei der Erbschaftsteuer hat.

Werden die Vermächtnisse an die Kinder aber erst beim Tod des Letztversterbenden fällig, damit der überlebenden Ehegatte weiter alleine verfügen kann, gilt das Vermächtnis nach § 6 Abs. 4 ErbStG als vom Letztversterbenden kommend.  Damit geht der Freibetrag nach dem Erstversterbenden verloren und das Ziel der Vermächtnisse (Steuer sparen) wird nicht erreicht . Wird hingegen ein anderer Zeitpunkt für die Entstehung des Vermächtnisses festgelegt, muss das Problem einer etwaigen fiktiven Verzinsung beachtet werden (siehe Kasten „Steuerfalle“ unten).

Was ist ein Untervermächtnis?

Im Normalfall richtet sich das Vermächtnis gegen den Erben. Das bedeutet, dass der Vermächtnisnehmer sein Vermächtnis vom Erben verlangen kann. Es ist aber auch möglich, dass ein Vermächtnisnehmer selbst mit einem Vermächtnis beschwert sein kann, § 2147 BGB. Das ist dann ein Untervermächtnis. Mit dem Vermächtnis beschwert ist dann der Hauptvermächtnisnehmer, der an den Untervermächtnisnehmer leisten muss.

§ 2187 BGB enthält zugunsten des Hauptvermächtnisnehmers eine Haftungsbeschränkung. Er schuldet dem Untervermächtnisnehmer jedenfalls nicht mehr, als er selber durch das Hauptvermächtnis vom Erblasser erhalten hat.

Auch der (Haupt-) Vermächtnisnehmer soll für die Erfüllung von Untervermächtnis und nicht mit eigenem Vermögen haften, sondern nur damit, was er selber als Vermächtnis bekommen hat.

Hat er kein Vermächtnis bekommen, kann er auch die Erfüllung des Untervermächtnisses verweigern.

Bereits zu Lebzeiten des Erblassers erhaltenes Vermögen bleibt außer Betracht- Palandt/Weidlich BGB, 74. Auflage 2015, § 2187 Rn. 2 (unter Berufung auf das OLG Celle).

Beispiel: Im Berliner Testament schreiben die Eheleute Anna und Benno, dass nach ihrem Tod der gemeinsame Sohn das Hausgrundstück bekommen soll. Zum Ausgleich soll der Sohn seiner Schwester einen bestimmten Geldbetrag geben. Noch zu Lebzeiten der Eheleute wird das Haus verkauft und der Erlös verbraucht. Die Eheleute vergessen, ihr Testament zu ändern.

Was ist ein Nachvermächtnis?

Ähnlich wie bei der Vorerbschaft/Nacherbschaft kann auch ein Vermächtnis zuerst für einen (Vor-) Vermächtnisnehmer bestimmt werden, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis einem Dritten, dem Nachvermächtnisnehmer, zugewendet wird. Das Nachvermächtnis ist damit eine besondere Form des Untervermächtnisses. Besonderheit ist, dass sich beide Vermächtnisse auf den gleichen Vermächtnisgegenstand beziehen. Mehr zum Vorvermächtnis/Nachvermächtnis finden Sie hier: Mehr zum Vorausvermächtnis finden Sie hier.

Was wird mit Vermächtnissen vermacht?

Vermögensvorteil und damit Gegenstand eines Vermächtnisses kann alles sein was auch Inhalt einer Leistung sein kann.

Am häufigsten sind Vermächtnisse, bei denen ein bestimmter Geldbetrag oder ein Gegenstand (z.B. eine Wohnung oder ein Haus) vermacht werden. Aber auch Nutzungsrechte, zum Beispiel an Grundstücken, oder Gesellschaftsanteile oder auch der Erlass einer Forderung können Gegenstand des Vermächtnisses sein.

Besondere Vorsicht bei der Gestaltung des Testaments ist geboten, wenn nicht ein bestimmter Geldbetrag, sondern z.B. „das Konto bei der Sparkasse Leipzig“ vermacht wird. Hier lauern viele Fallen und man kann viel Streitpotential zwischen Erbe und Vermächtnisnehmer schaffen!

Auch wenn Gegenstände vermacht werden, „mein geliebter blauer Golf“ kann es Probleme geben, wenn es das Auto beim Todesfall gar nicht mehr gibt (siehe unten: Was ist, wenn der Vermächtnisgegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr im Nachlass ist?)

Wann kann das Vermächtnis gefordert werden?

Der Anspruch auf das Vermächtnis entsteht normalerweise automatisch mit dem Erbfall, § 2176 BGB. Vorher kann das Vermächtnis nicht gefordert werden.

Ist das Vermächtnis aber unter einer Bedingung oder Befristung angeordnet und treten Bedingung oder Termin erst nach dem Erbfall ein, so entsteht der Vermächtnisanspruch auch erst nach Eintritt der Bedingung oder des Termins, § 2177 BGB.

Wenn der Erblasser im Testament nichts anderes bestimmt hat, ist das Vermächtnis auch mit dem Erbfall sofort fällig. Der Vermächtnisnehmer kann das Vermächtnis fordern. Dem Erben steht hier noch die Dreimonatseinrede zu, § 2014 BGB.

Wenn Sie in Ihr Testament ein Vermächtnis aufnehmen, sollten Sie überdenken, ob die sofortige Vermächtniserfüllung für den Erben möglich ist oder nicht. Hier ist an eine spätere Fälligkeit zu denken.

Steuerfalle beim später fälligen Vermächtnis- Fiktiver Zinsanteil führt zu Einkommenssteuer

Vermächtnisse fallen –wenn man nichts anderes regelt -  beim Tod des Testierenden an und sind dann sofort fällig (§ 2176 BGB).  Entstehung und/oder Fälligkeit des Vermächtnisses kann man aber im Testament verschieben. 

Wird lediglich die Fälligkeit rausgeschoben, indem z.B. eine Auszahlung erst 5 Jahre nach dem Tod festgelegt wird, ist das rechtlich eine Stundung.

Auch wenn keine Verzinsung vereinbart wird, führt  das zu Problemen mit der Steuer, und zwar nicht der Erbschaftsteuer, sondern der  Einkommenssteuer. Für solche Stundungen gilt § 12 Abs. 3 Bewertungsgesetz. Danach ist bei einer Stundung von mehr als einem Jahr von einem Zinssatz von 5,5 % auszugehen. Das Vermächtnis wird dann vom Finanzamt steuerlich in einen Vermächtnisteil und einen Zinsteil aufgespalten.  Nach § 20 EStG handelt es sich bei den (fiktiven) Zinsen um Einkünfte aus Kapitalvermögen.  Das führt zu Einkommensteuer des mit dem Vermächtnis Bedachten auf den Zinsanteil.

Wird aber die Entstehung des Vermächtnisanspruch rausgeschoben, weil das Vermächtnis erst zu einem späteren Zeitpunkt unter einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung entsteht, hat der Vermächtnisnehmer bis zum Eintritt der Bedingung oder des Ereignisses nichts erworben, was gestundet werden kann. Damit können einkommensteuerrechtlich auch keine (fiktiven) Zinsen entstehen.

Ausschlagung des Vermächtnisses – geht das?

Ja, ein Vermächtnisnehmer kann das ihm zugewendete Vermächtnis auch ausschlagen, § 2180 Absatz 2 BGB. Auch hier gilt – wie bei der Erbausschlagung – bei Ausschlagung der Anfall des Vermächtnisses als nicht erfolgt, § 2180 Absatz 3 BGB i. V. m. § 1953 BGB.

Ausschlagungsfrist nur auf Aufforderung

Besonderheit bei der Ausschlagung des Vermächtnisses ist, dass dies durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten (im Normalfall ist das der Erbe) erfolgt.

Für die Ausschlagung des Vermächtnisses gibt es keine gesetzliche Frist. Dem Erben steht aber das Recht zu, eine angemessene Frist zur Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses zu stellen. Wird innerhalb der Frist die Annahme des Vermächtnisses nicht erklärt, gilt es als ausgeschlagen, § 2307 Absatz 2 BGB. Eine Erklärung über die Ausschlagung des Vermächtnisses muss somit nur auf Aufforderung des Erben hin erfolgen.

Auswirkungen auf den Pflichtteil

Schlägt ein Pflichtteilsberechtigter das Vermächtnis aus, kann er den Pflichtteil trotz der Ausschlagung des Vermächtnisses verlangen.

Nimmt er das Vermächtnis aber an, kann er nur den Pflichtteil fordern, der den Wert des Vermächtnisses übersteigt, § 2307 Absatz 1 Satz 2 BGB.

Wird nur das Erbe ausgeschlagen, besteht ein Anspruch auf das Vermächtnis und den Pflichtteil, soweit er den Wert des Vermächtnisses übersteigt. Es bestehen also nicht beide Ansprüche in voller Höhe nebeneinander. Die Ansprüche werden gewissermaßen „verrechnet“, da das Vermächtnis nicht als ausgeschlagen gilt.

Wird zusätzlich zum Erbe das Vermächtnis ausgeschlagen, besteht ein Anspruch auf den Pflichtteil in voller Höhe. Der Wert des Vermächtnisses wird dann nicht vom Pflichtteil abgezogen.

Erbschaftsteuer bezahlen.

Der Erbe bzw. die Erben können die Vermächtnisverbindlichkeit als Erbfallschuld vom Nachlasswert abziehen, § 10 Abs. 5 Nummer 2 Erbschaftsteuergesetz.

Rechtstipps und Urteile

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