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Der Minderjährige im Erbrecht

Auch im Erbrecht, sowohl bei der Testamentsgestaltung als auch nach dem Erbfall, müssen Sie die Regelungen zum Schutz von minderjährigen Kindern beachten. Für Minderjährige im Erbrecht gibt es einige Besonderheiten .

Kinder unter sieben Jahren sind geschäftsunfähig, § 104 Nr. 1 BGB. Ältere Kinder und Jugendliche sind bis zu ihrem 18. Geburtstag nur beschränkt geschäftsfähig.

Kinder bis zum siebten Lebensjahr können damit gar keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen abgeben, die älteren Kinder und Jugendlichen brauchen für Rechtsgeschäfte, die für sie nicht nur vorteilhaft sind, der Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter, § 107 BGB §. Vertreter ihrer Kinder sind im Normalfall die Eltern, § 1629 BGB.

Kann ein Minderjähriger schon ein Testament machen?

Obwohl das in den meisten Fällen nicht notwendig ist, kann auch ein Minderjähriger ab dem 16. Geburtstag ein Testament errichten. Dafür braucht er auch keine Einwilligung seiner Eltern. Der Jugendliche wird aber durch besondere Formvorschrift vor einem unbedachten Testament, dessen Tragweite er vielleicht nicht erkennt, geschützt. Das Minderjährigen-Testament ist nämlich nur wirksam, wenn es als öffentliches Testament beim Notar errichtet wurde.

Kann das minderjährige Kind erben?

Häufig tritt der Fall ein, dass ein minderjähriges Kind Erbe wird. Um Erbe zu werden, muss man nicht geschäftsfähig sein. Sogar ein zum Zeitpunkt des Erbfalls noch gar nicht geborenes Kind kann, wenn es bereits gezeugt ist, erben, § 1923 Abs. 2 BGB.

Da der Nachlass auf den Erbe automatisch auf den Erbe übergeht, muss das minderjährige Kind dafür auch keine Erklärungen abgeben.

Der Minderjährige wird aber vom Gesetz geschützt. Er haftet auch für Schulden aus der Erbschaft nur mit dem Vermögen, dass er bei Eintritt der Volljährigkeit hat, § 1629 a BGB. Damit wird sichergestellt, dass der Start in das Erwachsenenleben nicht mit Schulden beginnt.

Will der minderjährige Erbe die Erbschaft ausschlagen, braucht er dafür die Einwilligung seiner Eltern. Zusätzlich ist für eine wirksame Ausschlagung – je nach konkreter erbrechtlicher Situation – die Genehmigung des Familiengerichts notwendig, § 1643 BGB.

Was ist beim Testament zugunsten minderjähriger Kinder zu beachten?

Recht der Eltern, einen Vormund zu benennen

Die sorgeberechtigten Eltern können im Testament für ihre minderjährigen Kinder einen Vormund benennen (Sorgerechtsverfügung), § 1777 BGB. Wichtig ist dafür die Testamentsform!

Das Vormundschaftsgericht muss diese Person dann normalerweise zum Vormund der minderjährigen Kinder einsetzen. In der Vormundbenennung im Testament können die Eltern den späteren Vormund auch von einigen der recht strengen Beschränkungen eines Vormunds zugunsten des Mündels befreien („befreite Vormundschaft“).

Eine Vormundbenennung im Testament ist vor allem für allein sorgeberechtigte Eltern, also z.B. verwitwete Eltern, mit minderjährigen Kindern wichtig.

Testamentsvollstreckung zugunsten minderjähriger Kinder

Sinnvoll ist auch die Anordnung der Testamentsvollstreckung.

Der Testamentsvollstrecker  hat die Verfügungsbefugnis über den Nachlass, § 2205 BGB, und darf mehr als Eltern oder ein Vormund.  Sind Grundstücke im Nachlass, müssen Verfügungen des Testamentsvollstreckers über die Grundstücke nicht gemäß § 1821, 1822 BGB genehmigt werden.

Der Vormund kann auch gleichzeitig Testamentsvollstrecker sein. Um hier Probleme mit der Doppelstellung zu vermeiden, sollten aber besser zwei verschiedene Personen benannt werden.

Es besteht  das Risiko, wenn minderjährige Kinder erben, ohne das Testamentsvollstreckung angeordnet ist, dass das Gericht diesbezüglich den Eltern teilweise das Sorgerecht entzieht und einen Ergänzungspfleger einsetzt.

Entzug des Verwaltungsrechts der Eltern durch Testament

Wird ein minderjähriges Kind testamentarischer oder gesetzlicher Erbe, kann der Erblasser im Testament bestimmen, dass die Eltern oder ein Elternteil des Kindes diesen Nachlass nicht für das Kind verwalten dürfen.

Ist das Verwaltungsrecht nur einem Elternteil entzogen, kann der andere Elternteil handeln. Wird das Verwaltungsrecht beiden Eltern entzogen oder war nur ein Elternteil sorgeberechtigt, muss ein Ergänzungspfleger bestellt werden, § 1909 BGB. Dieser Ergänzungspfleger kann und sollte ebenfalls im Testament benannt werden, § 1917 Abs. 1 BGB.

Ein Anwendungsfall für den Entzug des Verwaltungsrechts wäre beispielsweise, wenn Großeltern ihr Vermögen auf die Enkel übertragen wollen, weil das eigenes Kind, der Vater der Enkel, in Gelddingen unzuverlässig ist.

Wichtigster Anwendungsfall ist der Entzug des Verwaltungsrechts für den geschiedenen oder getrennten Ehegatten. Der geschiedene oder getrennt lebende Elternteil kann mit dem Entzug des Verwaltungsrechts verhindern, dass im Fall seines Todes der andere Elternteil im Rahmen seiner Vermögenssorge für das minderjährige Kind auch das ererbte Vermögen verwaltet.

Richtige Gestaltung ist hier ein Geschiedenen-Testament.

Wie macht ein minderjähriges Kind seinen Pflichtteilsanspruch geltend?

Kinder gehören zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten. Werden sie im Testament enterbt, entstehen Pflichtteilsansprüche.

Haben die Eltern ein Berliner Testament gemacht, in dem sich die Eltern gegenseitig als Alleinerbe einsetzen, sind die Kinder beim Tod des ersten Elternteils enterbt, es besteht aber der Pflichtteilsanspruch.

Der überlebende Elternteil des minderjährigen Kindes hat hier einen Interessenwiderspruch: Einerseits hat er die elterliche Sorge für das Kind und damit auch dessen vermögensrechtliche Angelegenheiten im Sinne des Kindes zu vertreten. Andererseits würde sich die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gegen ihn als überlebenden Elternteil als Alleinerben richten.

Sind in dieser Konstellation die Interessen des Kindes ernsthaft gefährdet, kann das Familiengericht ausnahmsweise das Vertretungsrecht des überlebenden Elternteils teilweise entziehen und einen Ergänzungspfleger einsetzen,  § 1629 Abs. 2 BGB mit § 1796 BGB. Im Normalfall greift das Familiengericht hier aber nicht ein.

Längere Verjährung für Pflichtteilsanprüche des Minderjährigen

Das minderjährige Kind wird daher anders geschützt. Der Pflichtteilsanspruch gegen seinen Elternteil verjährt bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres nicht, § 207 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB.

Fazit: Für das minderjährige Kind gelten im Erbrecht einige Besonderheiten, die Sie schon bei der Testamentsgestaltung berücksichtigen sollten.

Gerne berate ich Sie bei der Gestaltung Ihres Testaments.

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte in Leipzig

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