Die Erben sind grundsätzlich zur Beerdigung verpflichtet. Regelmäßig müssen Sie auch für die Grabpflege aufkommen, da sie durch die Friedhofsordnung dazu verpflichtet sind. Es liegt nahe, die Kosten für die Grabpflege allein den Erben zu gewähren und sie vor Pflichtteilsansprüchen zu schützen, welche den Nachlass mindern. Trotz eines Streits in der Rechtsprechung hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass der Pflichtteil nicht durch die Kosten der Grabpflege reduziert wird. Welche Gestaltungsmöglichkeiten in der Praxis bestehen, zeigt der folgende Artikel.
Berechnung des Pflichtteil
Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Berechnung des Pflichtteils wird der Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt, § 2311 Abs. 1 S. 1 BGB.
Der Wert des Nachlasses errechnet sich aus den Aktiva und den Passiva, also den Verbindlichkeiten, die im Zeitpunkt des Erbfalle entstanden oder bereits angelegt waren, § 1967 Abs. 2 BGB.
Allerdings sind bei der Pflichtteilsberechnung nicht alle Verbindlichkeiten abzuziehen, sondern nur solche, die auch bei gesetzlicher Erbfolge enstanden wären. Verbindlichkeiten, die aus einem Testament herrühren, sind für den Pflichtteil nicht zu berücksichtigen. Das folgt aus dem Charakter des Pflichtteils. Er ist ein Ersatz für das Erbe, welches der Pflichtteilsberechtigte nicht erlangt, da er von der Erbfolge ausgeschlossen wurde.
Es kommt also darauf an, ob die Grabpflegekosten Verbindlichkeiten sind und, ob sie sich auf den Pflichtteil auswirken.
Grabpflegekosten sind grundsätzlich keine Nachlassverbindlichkeiten
Die Grabpflegekosten sind grundsätzlich keine Nachlassverbindlichkeiten. Sie bestehen nicht zur Zeit des Erbfalls, da sie erst danach anfallen. Zudem sind die Grabpflegekosten nicht zur Zeit des Erbfalls angelegt.
Grabpflegekosten sind aber ausnahmsweise Nachlassverbindlichkeiten, nämlich wenn der Erbe zur Grabpflege verpflichtet ist und diese Pflicht schon im Zeitpunkt des Erbfalls besteht
Eine gesetzliche Pflicht des Erben zur Grabpflege gibt es nicht. Der Erbe ist nur zur Beerdigung verpflichtet, § 1968 BGB. Nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung fallen darunter nur die Kosten für die Erstanlage eines Grabes, nicht die für dessen übliche Pflege und Unterhaltung (OLG-Schleswig-Holstein, Urt. v. 06.10.2009, Az.: 3 U 98/08, juris-Rn. 32; LG Heidelberg Urt. v. 31.05.2011, Az.: 5 O 306/09). Danach sind Grabpflegekosten keine Nachlassverbindlichkeiten.
[BGH NJW 1988, 136 (137); BGHZ 37, 58 (64) = NJW 1962, 1719 (1721)
Einzelne Gerichte, die Grabpflegekosten als Beerdigungskosten beurteilten, konnten sich nicht durchsetzen.
Das Amtsgericht Neuruppin argumentierte steuerrechtlich dafür, dass die Kosten der Grabpflege solche der Beerdigung seien (Amtsgericht Neuruppin, 7.11.2006, 42 C 324/05). Dann wären sie Nachlassverbindlichkeiten. Diese Entscheidung wurde vom höherrangigen Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht ausdrücklich abgelehnt (vgl. Urt. v. 06.10.2009, Az.: 3 U 98/08, juris-Rn. 33).
[BGH NJW, 20.09.1973, III ZR 148/71].
Auch das Landgericht Heidelberg konnte sich gegen die herrschende Auffassung nicht durchsetzen. Es urteilte, dass Erben durch die Friedhofssatzung zur Pflege der Grabstätte verpflichtet seien und diese Pflicht von den Beerdigungskosten in § 1968 BGB umfasst sei (LG Heidelberg, Urt. v. 31.05.2011, Az.: 5 O 306/09). Da Friedhofsordnungen in der Regel die Grabpflege fordern (Märker, Grabpflegekosten als Nachlassverbindlichkeiten, MDR 1992, 217), wären alle Erben dazu verpflichtet. Für alle bestünde eine Nachlassverbindlichkeit. Allerdings entspricht dies nicht der herrschenden Meinung.
Trotz des Streits in der Rechtsprechung bleibt es beim Grundsatz: Grabpflegekosten sind keine Nachlassverbindlichkeiten
Gestaltung als Nachlassverbindlichkeit
In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass die Kosten der Grabpflege Nachlassverbindlichkeiten sein können, nämlich, wenn die Grabpflege im Testament oder in einem Vertrag geregelt ist (OLG-Schleswig-Holstein, Urt. v. 06.10.2009, Az.: 3 U 98/08, juris-Rn. 37).
Im Testament kann der Erbe zur Grabpflege verpflichtet werden. Diese Auflage begründet die Pflicht des Erben. Da sie zum Zeitpunkt des Erbfalls entstanden ist, begründet sie eine Nachlassverbindlichkeit. (Gleichzeitig kann im Testament angeordnet werden, dass der Erbe die voraussichtlichen Grabpflegekosten aus dem Nachlass entnehmen kann, bevor dieser zwischen den Erben verteilt wird.)
Durch einen Grabpflegevertrag verpflichtet sich der Erblasser zu Lebzeiten, die anfallenden Kosten zu tragen. Diese Verbindlichkeit entsteht vor dem Erbfall und ist deswegen eine Nachlassverbindlichkeit.
(Es ist auch möglich, dass der Erblasser diesen Vertrag mit dem späteren Erben schließt und diesem gleichzeitig die Grabpflegekosten zukommen lässt.)
Die Grabpflegekosten können also durch Testament oder Vertrag zu Nachlassverbindlichkeiten werden.
Anrechnung auf Pflichtteil
Es bleibt die Frage, ob sich diese Nachlassverbindlichkeiten auf den Pflichtteil auswirken.
Wie dargestellt sind nur bestimmte Passiva bei der Berechnung des Pflichtteils zu berücksichtigen. Ausgenommen sind solche, die aus einem Testament rühren. Folglich sind im Testament geregelte Pflichten zur Grabpflege nicht vom Wert des Nachlasses abzuziehen (MüKo/Lange, BGB, 8. Aufl., § 2311, Rn. 15; Palandt/Weidlich, BGB § 2311, 75. Aufl., Rn. 5). Sie beeinflussen nicht die Höhe des Pflichtteils.
Nur die Pflicht aus einem Vertrag ist vom Wert des Nachlasses abzuziehen, wenn der Erblasser den Vertrag geschlossen hat. Dann liegt eine Verbindlichkeit des Erblassers vor, die auch bei gesetzlicher Erbfolge auf den Erben übergehen würde. Diese reduziert als Nachlassverbindlichkeit die Höhe des Pflichtteils.
Grabpflegevertrag
Nur mit einem Grabpflegevertrag kann erreicht werden, dass ein Erbe die Kosten der Grabpflege aus dem Nachlass verwenden kann, ohne dass der Nachlass durch Pflichtteilsansprüche reduziert wird.
Grabpflegevertrag + Verpflichtung des Erben, die Grabpflege zu tragen (Friedhofssatzung, die den Nutzungsberechtigten der Grabpflege zwingt, das Grab in angemessenem Zustand zu erhalten) iVm 1968 oder testamentarische Auflage (Staudinger/Herzog, BGB, 2015, § 2311, Rn. 55)
Fazit: Wollen Sie einen Erben mit der Grabpflege betrauen und soll er die notwendigen Kosten aus dem Nachlass verwenden können, ist der Abschluss eines Grabpflegevertrags sinnvoll.
Ich berate Sie dazu gern. Rechtsanwalt Alexander Grundmann
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