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9. Januar 2024 – Brauchen verheiratete Eheleute auch eine Vorsorgevollmacht?

Verheiratete gegen oft davon aus, dass sie ihren Ehepartner rechtlich vertreten können und machen daher keine Vorsorgevollmacht. Wie ist die Rechtslage:

Ehepartner kann für Sie vorläufig auch ohne Vorsorgevollmacht entscheiden

Bis zum Jahresende 2022 galt auch für Verheiratete: Hatten Sie keine Vorsorgevollmacht gemacht, musste das Amtsgericht im Ernstfall einen Betreuer für Sie bestellen, auch wenn Sie verheiratet sind.

Seit dem 1. Januar 2023 gibt es ein gesetzliches „Ehegattenvertretungsrecht“. Ziel der Neuregelung war unter anderem, die Anordnung von Betreuungen zu vermeiden und die Gerichte und die Staatskasse zu entlasten.

Dieses gesetzliche Vertretungsrecht gilt für Eheleute und eingetragene Lebenspartner (nach dem Lebenspartnerschaftgesetz, § 21 LPartG- im Folgenden sind bei der Nennung von Ehegatten diese eingetragenen Lebenspartner mit gemeint). Das neue gesetzliche Vertretungsrecht für Ehegatten ist in § 1358 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt.

Das bedeutet konkret: Auch wenn Sie keine Vollsorgevormacht gemacht haben, kann ihr Ehepartner oder ihre Ehepartnerin sechs Monate lang (bestimmte) Entscheidungen für Sie treffen.

Die gesetzliche Bevollmächtigung des Notvertretungsrechts kann nicht auf andere Familienmitglieder (z.B. Ihre erwachsenen Kinder) übertragen werden.

Ist trotzdem eine Vorsorgevollmacht sinnvoll oder sogar notwendig?

Daher stellt sich die Frage, ob verheiratete Eheleute trotzdem auch eine Vorsorgevollmacht brauchen. Diese Frage ist ganz eindeutig mit ja zu beantworten.

Dieses gesetzliche Not-Vertretungsrecht für Ehegatten hat nämlich zwei entscheidende Einschränkungen:

Not-Vertretungsrecht gilt nur für Gesundheitsfragen

Das Not-Vertretungsrecht gilt nur für Gesundheitsfragen (Gesundheitssorge) und damit zusammenhängende Verträge.

Das Not-Vertretungsrecht für Gesundheitsfragen gilt zum Beispiel für den Fall, dass Sie wegen einer Krankheit oder eines Unfalls nicht selbst entscheiden können, ob eine medizinische Operation durchgeführt werden darf.  Ihr Ehepartner kann dann einer solchen ärztlichen Behandlung zustimmen.

Zum Bereich Gesundheitsfragen gehört auch, wenn über sogenannte „kurzfristig freiheitsentziehenden Maßnahmen“ entschieden werden muss. Das bedeutet, dass Ihr Ehepartner zum Beispiel über die Verabreichung ruhigstellende Medikamente oder die Anbringung eines Bettgitters zu Ihrem Schutz entscheiden kann.

Andere Lebensbereiche, wie Banküberweisungen, Wohnangelegenheiten, die Vertretung gegenüber Behörden oder andere Bereiche der so genannten Vermögenssorge werden vom Not-Vertretungsrecht nicht abgedeckt.

Not-Vertretungsrecht gilt nur für sechs Monate

Weitere Einschränkung gegenüber einer Vorsorgevollmacht ist: Die Not-Vertretung für den Ehegatten ist auf maximal ein halbes Jahr begrenzt. Der Zeitraum entspricht der Dauer einer einstweiligen Anordnung einer Betreuung gemäß § 302 FamFG.

Dauert die Einwilligungsunfähigkeit des kranken Ehepartners länger als 6 Monate, muss das Betreuungsgericht einen Betreuer bestellen. Das Gericht muss dabei zwar auf verwandtschaftliche und sonstige persönliche Bindungen Rücksicht nehmen. Trotzdem ist nicht sicher, dass tatsächlich der Ehegatte zum Betreuer bestellt wird.

Zwischenfazit: Wegen dieser zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der gesetzlichen Notvertretung ist eine Vorsorgevollmacht auch weiterhin für Eheleute oder Menschen mit eingetragener Partnerschaft wichtig. 

Weitere Nachteil: Keine Nachlassabwicklung – Erbschein im Todesfall

Ein weiteres Argument für eine „richtige“  Vorsorgevollmacht ist, dass – wenn diese gut durchdacht ist – damit nach dem Tod eines Ehegatten durch den Überlebenden der Nachlass abgewickelt werden kann. Damit erspart sich der überlebende Ehegatte den Erbschein und die damit verbundenen Kosten und Aufwand, siehe dazu hier.

Fazit: Für medizinische Akutsituationen hat Ihr Ehegatte automatisch ein gesetzliches Vertretungsrecht. Aber nur mit einer Vorsorgevollmacht können Sie heute schon sicherstellen, dass Ihr Lebenspartner im Fall der Fälle für Sie umfassend ohne zeitliche Begrenzung handeln kann. Insbesondere wegen der durch die Vorsorgevollmacht ermöglichten Nachlassabwicklung ohne Erbschein-Kosten lohnt es sich, eine richtige Vorsorgevollmacht zu machen.

Gerne berate ich Sie zu Ihrer Vorsorgevollmacht und erstelle diese für Sie!

Rechtsanwalt Alexander Grundmann in Leipzig

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