Unabhängig davon, dass viele Muster für eine Vorsorgevollmacht offenbar nicht zu Ende gedacht sind und dann nur eine Scheinsicherheit schaffen, bleibt ein Punkt völlig unbeachtet:
Ein wichtiger Aspekt bei der Erstellung der Vorsorgevollmacht sollte der Schutz des Bevollmächtigten sein, damit er nach dem Tod des Vollmachtgebers nicht Streitigkeiten mit (anderen) Erben führen muss. Das Ausfüllen von Vorsorgevollmachten aus dem Internet verhindert solche Streitigkeiten nicht. Worum geht es:
Streit um Auskunftspflicht des Bevollmächtigten
Nicht selten gibt es Streit nach dem Tod des Vollmachtgebers. Das betrifft typischerweise einen nahen Angehörigen des Vollmachtgebers, der sich als einziger von mehreren späteren Erben intensiv um den später Verstorbenen gekümmert und deshalb auch eine Vorsorgevollmacht oder Kontovollmacht bekommen hat, um damit die Geschäfte des Vollmachtgebers erledigen zu können.
Wegen des Näheverhältnisses zum Vollmachtgeber denkt der Vollmachtnehmer oft nicht darüber nach, dass er sich für seine Tätigkeit, insbesondere wenn er Geld ausgegeben oder Kontoüberweisungen für den Vertretenen vorgenommen hat, später vor den Erben rechtfertigen muss. Von den rechtlichen Hintergründen einer Vorsorgevollmacht ahnen die meisten nichts und werden durch das bloße Ausfüllen eines Musters auch nicht dafür sensibilisiert.
Zur Vollmachtgestaltung gehört es auch, solche Konflikte von vornherein zu vermeiden. Dafür muss das der Vollmacht zugrundeliegende Innenverhältnis so gestaltet werden, dass sich der Bevollmächtigte nach dem Tod des Vollmachtgebers nicht z.B. gegen Auskunftsansprüche der Erben verteidigen muss.
Die Identifizierung solcher potentiellen Streitkonstellationen und entsprechende streitvermeidende Lösungen klappen nicht, wenn einfach Vollmachtsmuster aus dem Internet oder aus anderen Quellen genommen werden. Aber selbst bei Vorsorgevollmachten vom Notar oder Vorsorgesets wie dem der Stiftung Warentest werden solche Fragen oft nicht genügend beachtet. Im „Vorsorge-Set“ der Stiftung Warentest (3. aktualisierte Auflage 2018) beispielsweise gibt es zwar ein Muster für das Innenverhältnis. Das eigentliche Problem, nämlich Haftungs- und Auskunftsansprüche gegen den Vollmachtnehmer werden gar nicht behandelt.
Haftung des Bevollmächtigten
Wird das Innenverhältnis nicht richtig ausgestaltet, gilt im Zweifel das Auftragsrecht aus dem BGB. Das bedeutet, der Bevollmächtigte schuldet dem (Mit-) Erben umfassende Rechnungslegung und vielleicht Schadenersatz, wenn er nicht beweisen kann, dass er Geld des Verstorbenen ordnungsgemäß ausgegeben hat.
Fazit: Es scheint einfach und ist doch komplizierter. Die wirklich sinnvolle Vorsorgevollmacht, die nicht mehr Ärger verursacht, als sie verhindert, gibt es auch nicht im Internet geschenkt.Rechtstipps und Urteile