Überblick über Freibeträge und Steuersätze bei Schenkung und Erbe
Die Planung der Nachfolge, egal ob in Gestalt von Schenkungen oder Gestaltung von Testamenten, berührt fast immer auch das Steuerrecht. Es ist wichtig, darauf zu achten, dass steuerliche Fallen vermieden und die Steuerlast im Rahmen der gewünschten Gestaltung so niedrig wie möglich bleibt. Ich empfehle, bei allen Testaments- oder Vertragsgestaltungen zur Übertragung von Immobilien einen Steuerberater mit einzubeziehen. Trotzdem sollten Sie die wichtigsten Steuerregeln selbst kennen:
Bei der Entscheidung für Verschenken oder Vererben von Immobilien sind die Freibeträge für die Erbschafts- oder Schenkungssteuer wichtig. Außerdem spielen noch die Steuersätze für (Immobilien)-Übertragungen eine wichtige Rolle.
Nur Kinder und Ehegatten haben ausreichende Freibeträge
Der Freibetrag richtet sich nach dem Familienverhältnis des Erben/Beschenkten zum Vererbenden/Schenker. Die großzügigsten Freibeträge gelten unter Ehegatten. Bei allen anderen Familienmitgliedern gilt: Je näher diese miteinander verwandt sind, desto höher ist der Freibetrag.
Erst, wenn das durch Schenkung erhaltene oder geerbte Vermögen die jeweiligen Freibeträge der Begünstigten überschreitet, verlangt das Finanzamt Steuern auf den Teil, der die Freibeträge überschreitet.
Steuersätze von 7 bis 50 Prozent
Wichtig sind dann, wenn der Freibetrag überschritten ist, die verschiedenen Steuersätze, die sich wieder nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erben und Vererbenden richten.
Für Ehegatten und Kinder gilt die Steuerklasse I. Je nach Höhe der Erbschaft oder Schenkung müssen Ehegatten und Kinder für das erhaltene Vermögen, das über den Freibeträgen liegt, je nach Wert zwischen 7 und 30 Prozent Steuer zahlen.
Geschwister des Verstorbenen/Schenkers sowie deren Kinder (also Neffen und Nichten) gehören zur Steuerklasse II. Sie haben nicht nur niedrigere Freibeträge, sondern auch höhere Steuersätze und müssen zwischen 15 und 43 Prozent zahlen.
Unverheiratete gelten auch nach dem BGB nicht als Verwandte und gehören wie andere Nichtverwandte bei Schenkungen und Erbschaft in die Klasse III und zahlen bis zu 50 Prozent Steuern. Hier ist oft eine vorherige Heirat die einzige Möglichkeit, bei der Übertragung von Immobilien nicht sehr hohe Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen zu müssen.
Familienheim – Freibetrag bei Übertragung an Kinder und Ehegatte
Zusätzlich gibt es Steuerbefreiungen, wenn eine selbst bewohnte Immobilie (das Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz – ErbStG – spricht von „Familienheim“)´, verschenkt oder vererbt wird. Diese Befreiung ist in § 13 Absatz 1 ErbStG geregelt. § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ist geregelt die Schenkung des Familienheims an den Ehegatten. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG regelt den Erwerb von Todes wegen, also das Ererben der Immobilie durch den Ehegatten. Und § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG stellt eine Immobilie steuerfrei, wenn die Kinder erben und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Voraussetzung für die besondere Steuerbefreiung des Familienheim ist laut Bundesfinanzhof (BFH), dass sich darin der „Mittelpunkt des familiären Lebens“ befindet.
Freibeträge bei Immobilien für den Ehepartner
500.000 Euro und zusätzlich Familienwohnheim komplett steuerfrei
Ehepartner haben sowohl bei Schenkungen als auch beim Erben schon einen allgemeinen Steuerfreibetrag von 500.000 Euro. Außerdem ist das von den Eheleuten genutzte Wohnhaus – zusätzlich zum hohen Freibetrag – von der Erbschaftsteuer befreit. (Dazu kommen weitere Freibeträge wie der Versorgungsfreibetrag.)
Auf der Ebene der Ehegatten ist die Übertragung von Immobilien daher steuerlich meist kein Problem, egal ob durch Schenkung oder Vererbung.
Besonders vorteilhaft: Bei der lebzeitigen Schenkung des Familienwohnheims unter Ehegatten gibt es keinen „Objektverbrauch“ und auch keine „Behaltenspflicht“. (Bei Vererbung an den Ehegatten hingegen gibt es eine „Behaltenspflicht“!)
Beispiel: Benno ist Alleineigentümer eines Einfamilienhaus-Grundstückes, in dem er mit seiner Ehefrau Anna wohnt. Er schenkt Anna im Jahr 2019 einen hälftigen Miteigentumsanteil. 2020 ziehen die Ehegatten von dort in eine Wohnung, die ebenfalls Benno allein gehört. 2021 schenkt Benno seiner Frau auch diese Wohnung. Beide Schenkungen sind schenkungsteuerfrei nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.
Achtung: Voraussetzung der Vergünstigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ist, dass es sich um zu eigenen Wohnzwecken genutzte Häuser oder Eigentumswohnungen handelt, in denen sich der Mittelpunkt des familiären Lebens der Eheleute befindet. Zweitwohnungen oder Ferienwohnungen sind schenkungsteuerlich nicht begünstigt, BFH-Urteil vom 18. 7. 2013 – II R 35/11.
Achtung bei nicht verheirateten Lebensgefährten
Anders als bei Ehegatten besteht für den nichtehelichen Partner kein– für viele Immobilien schon ausreichender – allgemeiner Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro. Der Freibetrag des Lebensgefährten beträgt nur 20.000 Euro. Der Steuertarif (Steuersatz auf den Erwerb über dem Freibetrag) beginnt bei 30 Prozent.
Zudem ist bei nicht Verheirateten das gemeinsam genutzte Wohnhaus nicht von der Erbschaftsteuer befreit. Die Vererbung von selbst genutztem Wohneigentum bleibt nur steuerfrei, wenn der überlebende Ehepartner (!) oder die Kinder (für eine bestimmte Mindestfrist) in dem Haus wohnen bleiben, § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG.
Damit ist die Vererbung/Verschenkung des Familienwohnhauses zwar unter Ehegatten begünstigt. Das gilt aber nicht gegenüber Lebensgefährten. Diese steuerlichen Überlegungen führen vielleicht dazu, den langjährigen Partner zu heiraten.
Freibeträge für die Kinder
Kinder werden steuerlich bevorzugt. Voraussetzung: Es kommt – nur – auf die rechtliche Stellung als Kind an. Das bedeutet. Durch Adoption wird man rechtlich ein Kind von nicht biologischen Elternteilen. Ist jemand hingegen der biologische Vater, nicht aber rechtlicher Vater, ist dessen Kind auch im Sinne des Erbschaftssteuerrechts nicht dessen Kind. (Bundesfinanzhof, BFH-Urteil vom 05.12.2019 – II R 5/17 – Zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes war dessen Mutter mit einem anderen Mann verheiratet. Eine Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft des damaligen Ehemanns der Mutter erfolgte nicht.)
Eine ausdrückliche Ausnahme sind Stiefkinder. Stiefkinder – die Kinder des Ehegatten – sind keine Kinder im Sinne des bürgerlich-rechtlichen Kindsbegriffs. Der Gesetzgeber hat aber in § 15 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG Stiefkinder ausdrücklich in Steuerklasse I einbezogen und damit rechtlichen Kindern gleichgestellt.
Allgemeiner Steuerfreibetrag
Kinder haben, wenn sie Immobilien (oder andere Werte) von Eltern bekommen, einen Freibetrag von je 400.000 Euro. Das gilt bei Schenkung und Ererbung gleichermaßen.
Enkel haben immerhin noch einen Freibetrag von je 200.000 Euro.
Extra Freibetrag, wenn Kinder das Familienwohnheim von Eltern erben
Auch hinsichtlich der Kinder ist die Vererbung des Familienwohnhauses begünstigt, allerdings in geringerem Maße als für den Ehegatten. Die Immobilie darf höchstens 200 Quadratmeter Wohnfläche haben und muss für die nächsten zehn Jahre Erstwohnsitz des Kindes sein. Das Kind als Erbe muss in das Familienwohnheim auch tatsächlich einziehen.
Die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für ein Familienheim scheidet aus, wenn der Erbe von vornherein gehindert ist, die Wohnung in dem ererbten Einfamilienhaus für eigene Wohnzwecke zu nutzen und deshalb auch tatsächlich nicht einzieht (FG Münster vom 31. Januar 2013 – 3 K 1321/11 Erb).
Damit Kinder wirklich von der Steuerbefreiung des „Familienheims“ profitieren, muss der Elternteil, von dem ein Kind die Immobilie erbt, vor seinem Tod wirklich dort seinen Lebensmittelpunkt gehabt haben.
Dazu interessant ist der Fall im Urteil des Finanzgerichts (FG) München v. 12.10.2016 - 4 K 3006/15: Eine offenbar verwitwete Mutter verstarb und vererbte ihre Doppelhaushälfte an ihren Sohn und ihre Tochter.
In der Doppelhaushälfte wohnte aber nicht mehr die Mutter, sondern nur ihr Sohn mit seiner Familie. Die Mutter war zwar dort mit ihrem Zweitwohnsitz gemeldet. Ihren Erstwohnsitz hatte sie in einer nahe gelegenen Mietwohnung.
Der Sohn sagte gegenüber dem Finanzamt, dass für die Mutter zwei Zimmer im Haus reserviert waren, wo die Erblasserin auch Unterlagen, Kleidung und private Dinge aufbewahrte. Ihre Mietwohnung sei hingegen nur „Rückzugsort“ gewesen.
Die Mutter konnte sich trotz Anmietung der anderen Wohnung nach Belieben im Haus aufhalten und habe dort häufig Mahlzeiten zu sich genommen sowie Wochenenden verbracht.
Das FG München berief sich auf das BFH-Urteil vom 18.7.2013 – II R 35/11 und sagte, dass im vorliegenden Fall kein Familienheim i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG vorliegt, da sich in der Doppelhaushälfte nicht der Mittelpunkt des familiären Lebens der Mutter befunden habe.
Die Meldung der Mietwohnung als Hauptwohnsitz sah das Gericht als wichtiges Indiz dafür an, dass die Erblasserin hauptsächlich die Mietwohnung nutzte und dort den Mittelpunkt ihres familiären Lebens hatte.
Bestätigt wurde dies vom FG München nochmal im Gerichtsbescheid vom 04.05.2020 – 4 K 3287/18 – dort hatte der Verstorbene zwar einige Zimmer in dem Haus, um das es ging. Er hatte aber im Kern bei seiner dritten Ehefrau in Österreich gewohnt.
Schenkung oder Erbe an andere Familienmitglieder
Geschwister des Verstorbenen/Schenkers sowie deren Kinder (also Neffen und Nichten) haben nur einen Freibetrag von jeweils 20.000 Euro.
Wie bei Schenkungen oder Vererbung von Immobilien an Nichtverwandte gibt es aber Möglichkeiten, durch Gestaltung die Steuerlast zumindest zu reduzieren. Lassen Sie sich beraten!
Ihr Ansprechpartner für Erbrecht und Schenkung in Leipzig:
Rechtsanwalt Alexander Grundmann
ergänzt 10. Februar 2022
Rechtstipps und Urteile