Die Eheleute bedenken oft auch nicht den Fall, dass nach dem Versterben des ersten der überlebende Ehegatte nochmal heiratet. Der neue Ehegatte kann das Berliner Testament
unwirksam machen und damit die Position der meist bedachten gemeinsamen Kinder der ersten Ehe.
Beispiel: Anna und Benno machen ein Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und für den zweiten Todesfall gilt, dass die beiden gemeinsamen Kinder je zu ½ erben sollen. Nachdem Anna verstorben ist, verliebt sich Benno neu und heiratet seine neue Flamme Christine. Nach seinem Tod erklärt Christine die Anfechtung des Testaments wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten gemäß § 2079 BGB. Christine gehört als (neue) Ehefrau zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten, bei Enterbung steht ihr die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil zu.
Daher ist sie auch anfechtungsberechtigt und das ist auch ein Anfechtungsgrund.
Laut § 2079 BGB wird vom Gesetz vermutet, dass – hätte der Testierende von der Existenz eines weiteren Pflichtteilsberechtigen gewusst, er nicht so testiert hätte.
Wenn die Anfechtung wirksam ist, wäre das gesamte Testament unwirksam. Es gilt dann die gesetzliche Erbfolge.
Die neue Ehefrau erbt ½ und die leiblichen Kinder je ¼.
Neben der schlechteren Erbquote der Kinder wäre ein weiterer Nachteil die Miterbengemeinschaft mit der Ehefrau.
Noch ungünstiger ist folgende Konstellation:
Beispiel: Anna und Benno machen ein Berliner Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Für den zweiten Todesfall gilt, dass die beiden Kinder je zu ½ erben sollen. Allerdings hat Anna eines der Kinder mit in die Ehe gebracht. Obwohl alle wie eine Familie zusammenleben ist – da Benno das Kind von Anna nicht adoptiert hat – dieses Kind nicht gesetzlicher Erbe. Wenn die Anfechtung wirksam ist, und damit die gesetzliche Erbfolge gilt, wäre die Quote Ehefrau ½ und leibliches Kind ½.
Das nicht mit dem Mann verwandte Kind würde hier leer ausgehen.
Was können die Kinder nach der Anfechtung tun?
Laut § 2079 BGB wird vermutet, dass – hätte der Testierende von der Existenz der neuen pflichtteilsberechtigen Ehefrau gewusst – er das Testament nicht so verfasst hätte.
Diese Vermutung können die im Testament bedachten Erben aber widerlegen, § 2079 Satz 2 BGB. Dafür gilt es Argumente zu finden.
Es kommt auf die Motive zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung an.
Die Kinder müssten Umstände zeigen, dass die Kinder unbedingt erbberechtigt werden sollten, auch für den Fall einer Wiederverheiratung.Wie kann man schon im Testament die Anfechtung nach § 2079 BGB verhindern?
Ganz einfach, die Eheleute sollten in Ihrem Berliner Testament klarstellen, dass diese Erbregelung für den zweiten Todesfall so auch für den Fall der Wiederheirat gilt und § 2079 BGB ausgeschlossen ist.
Rechtsanwalt Grundmann berät Sie in Fragen der Erbfolge- und Testamentsgestaltung insbesondere auch bei veränderten Familienkonstellationen.
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