Die gemischte Schenkung hat im Erbrecht eine hohe Bedeutung. Vor allem bei der Pflichtteilsberechnung besteht die Frage, ob und inwieweit der Pflichtteilsanspruch durch eine gemischte Schenkung des Erblassers ergänzt wird.
In diesem ersten Artikel einer dreiteiligen Serie erläutere ich ganz allgemein das komplizierte rechtliche Konstrukt der gemischten Schenkung.
Was ist eine gemischte Schenkung?
Durch eine (einfache) Schenkung wird ein Vermögensgegenstand, etwa ein Hausgrundstück, übertragen, ohne dass eine Gegenleistung erfolgt.
Eine gemischte Schenkung unterscheidet sich davon. Denn durch sie wird ein Gegenstand nur zum Teil als Schenkung, zum anderen Teil aber gegen eine Leistung, z. B. eine Zahlung übertragen.
Definiert wird die gemischte Schenkung wie folgt: Gemischte Schenkung ist ein Vertrag, der Elemente einer Schenkung und Elemente eines Austauschvertrags enthält. Eine Partei verpflichtet sich darin, einen Teil ihrer Leistung unentgeltlich und den anderen Teil ihrer Leistung gegen Entgelt zu erbringen.
Beispiel: Anna verkauft ihr Hausgrundstück, das einen Wert von 1.000.000 Euro hat, an ihre Nichte zu einem Preis von 200.000 Euro. Dabei sind sich beide einig, dass ein Teil (im Wert von 200.000 Euro) gekauft und der andere Teil (im Wert von 800.000 Euro) geschenkt wird (Beispiel nach BGH, Urt. v. 19.07.2002, Az.: V ZR 240/01).
Eine gemischte Schenkung liegt dabei nur dann vor, wenn der Vertrag nicht in einen Schenkungs- und einen entgeltlichen Teil getrennt werden kann. Im oben genannten Beispiel kann nicht bestimmt werden, welcher Teil des Hausgrundstücks geschenkt und welcher verkauft wird. Somit ist eine gemischte Schenkung gegeben. Anders ist es, wenn etwa das Grundstück geschenkt und das Haus verkauft wird. Dann liegt keine gemischte Schenkung, sondern separat eine Schenkung und ein Kauf vor.
Welche Gegenleistungen sind bei gemischten Schenkungen möglich?
Als Gegenleistung für den entgeltlichen Teil der gemischten Schenkung kommen neben der Zahlung von Geld auch ganz andere Leistungen in Betracht, zum Beispiel
- die Gewährung eines Darlehens,
- die Einräumung eines Wohnrechts oder
- die Verpflichtung zu Pflege- und Betreuungsleistungen.
Auch wenn ein Grundstück mit dem Zweck übertragen wird, dass der Erwerber Renovierungs- und Umbaumaßnahmen durchführt oder der Schenker später im Testament des Erwerbers als Erbe eingesetzt wird, liegt eine Gegenleistung vor.
In allen Fällen ist Voraussetzung, dass die Vertragsparteien die Leistung auch als Gegenleistung auf den entgeltlichen Teil beziehen wollen. Es kann große Auswirkungen haben, was die Vertragsparteien als Gegenleistung ansehen. Insbesondere kann dies Auswirkungen auf einen Pflichtteilsanspruch haben. Deswegen ist es sinnvoll, im Schenkungsvertrag den geschenkten und den entgeltlichen Teil sowie die Gegenleistungen genau zu beschreiben (dazu mehr im zweiten Artikel zur gemischten Schenkung).
Praktische Bedeutung der gemischten Schenkung
In der Praxis ist die gemischte Schenkung vor allem bedeutsam bei der Frage nach den Rechten und Pflichten der Vertragsparteien. Dazu muss festgestellt werden, welchem Vertragstyp des BGB sie zugeordnet werden kann: Ist sie als Schenkung oder als Kauf, Tausch, Darlehen usw., also als unentgeltlicher Austauschvertrag einzuordnen? Diese Frage muss entschieden werden, wenn gesetzliche Vorschriften für Schenkungen zu anderen Ergebnissen führen, als die für Austauschverträge.
Was passiert bei der Rückforderung der Schenkung oder Mängeln?
Die gesetzlichen Regeln für die Rückforderung eines Geschenks und die Gewährleistung bei Mängeln desselben unterscheiden sich von anderen gesetzlichen Regeln, etwa des Kaufrechts.
Bei Mängeln des Geschenks treffen den Schenker weniger Pflichten, als einen Verkäufer.
Für Geschenke gibt es Rückforderungsrechte, die es beim Kauf nicht gibt. Schenkungen können bei Verarmung des Schenkers zurückgefordert werden, § 528 BGB. Auch Sozialämter können Vermögensgegenstände für den Schenker zurückfordern. Bei gemischten Schenkungen ist das nur zulässig, wenn sie als Schenkung zu bewerten sind. Außerdem können Schenkungen wegen groben Undanks widerrufen werden, § 531 BGB.
Bei gemischten Schenkungen stellt sich die Frage, ob eine Rückforderung möglich ist bzw. wie die Gewährleistung erfolgt. Konkret: Ob das Recht für Schenkungen oder für entgeltliche Verträge, zum Beispiel Kaufrecht, Anwendung findet.
Von der Rechtsprechung wird dies nicht einheitlich beantwortet. Die Gerichte suchen im einzelnen Fall nach gerechten Lösungen. Als Maßstab dient dabei regelmäßig das wirtschaftliche Ziel der Parteien.
Für die Rückforderung und Mängelgewährleistung haben sich folgende Grundsätze entwickelt:
Wegen Verarmung oder groben Undanks kann grundsätzlich nur der geschenkte Teil zurückgefordert werden. Nur wenn die Schenkung wertmäßig den entgeltlichen Teil überwiegt, kann der gesamte Gegenstand zurückgefordert werden (Bundesgerichtshof, Urt. v. 18.10.2011, Az.: X ZR 45/10).
Hinsichtlich der Gewährleistung wird die gemischte Schenkung grundsätzlich in ihren entgeltlichen und unentgeltlichen Teil getrennt, auf beide werden die je für den Teil geltenden Regeln angewendet.
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Rechtsanwalt Alexander Grundmann