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3. Juni 2017 – Ausschlagung bei Beschränkungen oder Beschwerungen im Testament

Im Normalfall verliert der Erbe, der gleichzeitig auch pflichtteilsberechtigt ist, durch eine Ausschlagung auch den Anspruch auf den Pflichtteil. Es gibt aber wichtige Ausnahmen. So kann der Ehegatte, der mit dem Verstorbenen in Zugewinngemeinschaft gelebt hat, ausschlagen und neben dem Zugewinn den kleinen Pflichtteil verlangen. Aber auch andere pflichtteilsberechtigte Erben, also insbesondere die Kinder, können ausschlagen, wenn im Testament Beschwerungen für den Erben sind. Was steckt dahinter:

Ist der Erbe, der bei Enterbung einen Pflichtteilsanspruch hätte, im Testament mit einer Nacherbschaft, Testamentsvollstreckung, Teilungsanordnung, Vermächtnis oder Auflage belastet, kann er -als Ausnahme- die Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil verlangen, § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB. (Früher (bis zur Erbrechtsreform im Jahre 2010)
hatte der Erbe die privilegierte Ausschlagungsmöglichkeit nur, wenn der belastete Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils überstieg.)

Besonderheit Ausschlagungsfrist: Die Ausschlagungsfrist beginnt erst, wenn der Pflichtteilsberechtigte zusätzlich zur Kenntnis von Anfall der Erbschaft und dem Berufungsgrund auch Kenntnis der Beschränkung oder Beschwerung im Testament hat. Klargestellt ist das in § 2306 Abs. 1 S. 2 2. HS BGB.

Auch bei eigentlich nicht großer Belastung durch weitere Anordnungen im Testament kann der Erbe durch Ausschlagung sich viel Ärger ersparen, wenn er nur den Pflichtteil nimmt und die Vorteile, die die Stellung als Pflichtteilsberechtigter hat, durch Ausschlagung herbeiführt.

Nachteilig ist zwar, dass der Pflichtteilsberechtigte  – im Vergleich zum gesetzlichen Erbteil – wertmäßig nur die Hälfte „erbt“, aber in der Gesamtbetrachtung kann das trotzdem günstiger sein.

(1)       Er muss sich nicht in einer Erbengemeinschaft oder mit den Gläubigern des Verstorbenen auseinandersetzen oder sogar streiten.

(2)       Der Pflichtteilsberechtigte erhält sein Geld auch bei einem schwer verwertbaren Erbe.

(3)       Ein Wertverfall des Erbes, der beispielsweise aus langwierigen Erbstreitigkeiten resultieren kann, hat keine Auswirkungen auf die Höhe des Pflichtteils: Für die Bewertung des Nachlasses, der Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils ist, kommt es nur auf den Verkehrswert zur Zeit des Erbfalles an. Ein Wertverlust (allerdings auch ein Wertgewinn wie etwa beim geerbten Aktiendepot, dessen Börsenwert steigt) ist für die Höhe des Pflichtteils nicht zu berücksichtigen.

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M., Leipzig

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