Eltern haben für ihre minderjährigen Kinder das Sorgerecht. Das Sorgerecht der Eltern umfasst sowohl die Personensorge – also die Fürsorge um die persönlichen Belange des Kindes – als auch die Vermögenssorge. Durch Erbschaft können minderjährige Kinder zu erheblichem Vermögen kommen. Minderjährige Erben sind im Erbrecht immer problematisch. Bestimmte Geschäfte für minderjährige Erben bedürfen der Genehmigung des Vormundschaftsgericht und es droht in besonderen Konstellationen die Bestellung eines Ergänzungspflegers.
Was ist Ergänzungspflegschaft?
Ergänzungspflegschaft bedeutet, dass ein Teilbereich des Sorgerechts der Eltern für ihr minderjähriges Kind durch das Gericht auf eine andere Person übertragen wird (§ 1909 BGB).
Anders als bei der Vormundschaft, bei dem die elterliche Sorge vollständig auf den Vormund übertragen wird, geht es bei der Ergänzungspflegschaft nur um einen Teilbereich. Während eine Vormundschaft vom Gericht nur im Ausnahmefall angeordnet wird, kommt es aber häufiger vor, dass statt des kompletten Sorgerechts nur ein Teilbereich entzogen wird, beispielsweise die Vermögenssorge (§ 1666 Abs. 3 Nr. 6 BGB). Für den Bereich, der der elterlichen Sorge entzogen wurde, bestellt das Familiengericht einen Ergänzungspfleger, etwa in Bezug auf die Verwaltung einer Erbschaft der minderjährigen Kinder.
Wann wird Ergänzungspflegschaft vom Gericht angeordnet?
Eine Fallgruppe im Erbrecht bilden die Familienkonstellationen, in denen ein Erblasser minderjährige Kinder als Erben einsetzt und deren Eltern oder einen Elternteil als Testamentsvollstrecker einsetzt.
Beispiel: Ein Großvater setzt in seinem Testament seine Enkel als Erben ein und bestimmt für den Fall, dass die Enkel im Erbfall noch minderjährig sind, dessen Vater als Testamentsvollstrecker. Der Vater selbst hat ungeordnete Vermögensverhältnisse mit erheblichen Schulden. Nach der Unternehmenspleite hat er Verbraucherinsolvenz beantragt. Das Familiengericht verlangt deshalb von ihr, dass sie ein vollständiges Nachlassverzeichnis vorzulegen hat. Bestehen Zweifel an der Vollständigkeit oder an der Richtigkeit des Verzeichnisses, kann das Familiengericht einen Teilentzug der elterlichen Sorge anordnen und einen Ergänzungspfleger bestellen.
Der Ergänzungspfleger wird dann hinsichtlich des großväterlichen Nachlasses die Interessen der Kinder gegenüber der Mutter als Testamentsvollstreckerin vertreten.
Lösungsideen: Hier könnte der Testamentsvollstrecker im Testament ermächtigt werden, einen Mitvollstrecker zu ernennen. Dessen Aufgabenkreis ist jedoch gemäß §§ 2208, 2224 BGB in der Weise beschränkt, dass der Mitvollstrecker nur die Rechte des Erben bis zu dessen Volljährigkeit wahrzunehmen hat, die der Testamentsvollstrecker aufgrund der Interessenkollision von Testamentsvollstreckung und gesetzlicher Vertretung nicht selbst ausüben kann.
Alternativ könnte man im Testament verfügen, dass der Testamentsvollstrecker zugleich Ergänzungspfleger für den minderjährigen Erben in Bezug auf das geerbte Vermögen sein soll.
Die Bestellung als Ergänzungspfleger scheidet nämlich nur dann aus, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die dazu berufene Person als Ergänzungspfleger des Minderjährigen dessen Belange in Bezug auf den Nachlass nicht ordnungsgemäß wahrnehmen wird. Die Bindung des Gerichts an die Benennung durch den Erblasser ist in §§ 1917 Abs. 1 S. 2, 1778 BGB geregelt. Dieser Weg wurde gebilligt vom OLG Hamm, Beschluss vom 15.5.2017 – Az.: 7 WF 240/16 (Achtung: Das Gericht weist aber darauf hin, das diese Frage schon anders entschieden wurde von: OLG Schleswig-Holstein, NJW-RR 2007, 1597; OLG Nürnberg FamRZ 2002, 272; OLG Hamm FamRZ 1993, 1122.)
Fazit: Die Entscheidung, die Eltern Minderjähriger auch als Testamentsvollstrecker einzusetzen, sollte gut überlegt sein, denn das kann unter Umständen zum Teilentzug des elterlichen Sorgerechts führen. Familienfremde bestimmen dann mit.
Für Ihre Fragen zur richtigen Testamentsgestaltung:
Rechtsanwalt Alexander Grundmann, Leipzig
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