In der Beratungspraxis nach einem Erbfall kommen oft Hinterbliebene in unsere Kanzlei mit einem Testament, das Streit in der Familie provoziert hat oder zu völlig unerwünschter Erbfolge geführt hat.
Das passiert, wenn ein Testament völlig unpassende Regelungen enthält, etwa weil in einer „Patchwork-Familie“ ohne Beratung ein Berliner Testament gemacht wurde oder weil die letztwillige Verfügung unklar ist und vom Gericht ausgelegt werden muss.
Ziel eines Testaments muss es aber sein, den Nachlass so zu regeln, dass kein Streit entsteht. Dazu sollte man nichts überstürzen und auch nicht einfach Muster aus dem Internet abschreiben.
Wie kommt man zu einem vernünftigen Testament?
Um ein rechtlich abgesichertes und auf die Familiensituation abgestimmtes Testament zu bekommen, rate ich Ihnen zu folgendem Vorgehen:
1. Vermögensübersicht erstellen
Wie viel Vermögen ist überhaupt vorhanden?
Was gehört zum Vermögen: Grundstücke, Häuser, Bankguthaben?
Auf wessen Namen ist Vermögen angelegt. Bei Ehegatten kann das Wertpapierdepot auf beide lauten. Auch das gemeinsame Hausgrundstück kann einem alleine oder beiden Ehegatten gehören.
Machen Sie eine Vermögensübersicht – am besten in Form einer Liste. Erfasst werden sollten Konten, Depots, Grundstücke, Wertgegenstände, aber auch Ansprüche aus Versicherungen.
Möglicherweise ist solch eine Übersicht auch ein Anlass, schon länger nicht oder kaum benutzte Sparbücher oder Wertpapierdepots einfach aufzulösen, um Ihren späteren Erben die Abwicklung zu erleichtern.
Sinnvoll ist es auch, in diesem Zusammenhang realistische Werte einzelner Gegenstände zu ermitteln. Bei Bankguthaben können Sie sich eine Vermögensübersicht ausdrucken lassen.
Bei Grundstücken kann es sinnvoll sein, den Wert schätzen zu lassen oder sich über den aktuellen Wert zu informieren.
Beim Zusammenstellen der Übersicht über Ihr Vermögen bekommen Sie vielleicht schon eine Idee, wer was bekommen soll.
2. Klärung der Ziele für Ihr Testament und die Nachlassgestaltung
Was soll mit dem Vermögen nach Ihrem Tod passieren? Welche Ziel verfolgen Sie mit dem Testament? Geht es um:
- Absicherung Ihrer Angehörigen
- gerechte Weitergabe des Vermögens an Ihre Kinder oder Hilfe zum Existenzaufbau für die nächste Generation
- Erhalt des Familienvermögens
- Vermeidung von Liquiditätsproblemen durch Pflichteilsansprüche
- Sparen von Erbschaftsteuern oder vielleicht
- Förderung sozialer oder kultureller Einrichtungen?
3. Was muss im Testament geregelt werden
Ausgangspunkt der Planung für ein Testament ist immer die gesetzliche Erbfolge. Was passiert, wenn Sie nichts regeln?
Bei der gesetzlichen Erbfolge erben in erster Linie Ihre Kinder und der Ehepartner
Zeichnen Sie einen Stammbaum, der alle gesetzlichen Erben umfasst. Das hilft auch dem Anwalt, den Sie vor einer Gestaltung befragen sollten. Am Stammbaum kann der Anwalt Ihnen die gesetzliche Erbfolge und die Möglichkeiten, davon durch ein Testament abzuweichen, erläutern.
4. Familienrat halten – Gespräch mit allen Beteiligten
Der Grund vieler Erbstreitigkeiten ist, dass zu wenig miteinander geredet wurde.
Beim Gespräch mit allen Familienmitgliedern, auch den angeheirateten Partnern der Kinder, kann ermittelt werden: Was wollen die Erben überhaupt haben? Welche Vorstellungen bestehen.
Wenn sich hier mögliche Konflikte schon zeigen, könnte man z.B. über Testamentsvollstreckung nachdenken, um solche Streite in der Erbengemeinschaft in den Griff zu bekommen.
5. Rechtsrat einholen
Lassen Sie sich beim Aufsetzen Ihres Testaments helfen. Als juristischer Laie kann man viele Fehler und Streitpunkte in ein Testament einbauen.
Sollen Pflichtteilsberechtige enterbt werden, müssen diese Pflichtteilsansprüche bei der Gestaltung bedacht werden. Hierbei sollten Sie immer von einem Rechtsanwalt zumindest im Rahmen einer Erstberatung beraten lassen. Unüberlegte Schenkungen zur Verminderungen von Pflichtteilsansprüchen können zu viel Streit und Ärger führen.
Und: Vorsorgevollmacht nicht vergessen!
Auch wenn nur mit einem Testament die Vermögensnachfolge nach dem Tod bestimmt werden kann, ist es wichtig, dass nach dem Tod schnell weiter gehandelt werden kann. Das ermöglicht eine über den Tod hinausgehenden Vorsorgevollmacht.
Für Ihre Fragen zum Erbrecht und zur Nachlassplanung:
Rechtsanwalt Alexander Grundmann
Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte Leipzig
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