letzte Aktualisierung 11. März 2021
Nach dem deutschen Erbrecht kann man einzelne Gegenstände im Nachlass nicht durch Erbschaft auf einzelne Erben verteilen. Möchte man mehrerer Erben im Testament bedenken, bilden alle Erben am gesamten Nachlass und damit auch an jedem einzelnen Nachlassgegenstand eine Erbengemeinschaft.
Das Vorausvermächtnis ist eine interessante Möglichkeit, um einzelne Nachlassgegenstände trotzdem so unter den Erben aufzuteilen, wie es der Erblasser möchte.
Unter einem Vorausvermächtnis versteht man, dass ein Erbe zusätzlich zu seinem Erbteil noch ein Vermächtnis bekommt. Das Vorausvermächtnis ist ein „normales“ Vermächtnis, aber mit der Besonderheit, dass dies nicht ein Dritter, sondern ein Erbe bekommt.
Erben sollen einzelne Gegenstände für sich allein bekommen
Oft gibt es die Situation, dass zwar mehrere Personen erben sollen. Bestimmte Gegenstände soll aber – vielleicht aus praktischen oder emotionalen Gründen – nur ein Erbe allein bekommen. Er soll allein über einen Gegenstand verfügen können, z.B. ihn als Alleineigentümer bekommen oder verkaufen dürfen.
Wird dazu nichts im Testament geregelt, müssen die Erben sich bei jedem einzelnen Gegenstand einig werden, was damit passieren soll. Hier sind Konflikte unter den Erbe vorprogrammiert und es kann passieren, dass der Erbe gar nicht den ihm zugedachten Gegenstand erhält.
Aber schon im Testament kann man einzelne Vermögensgegenstände einzelnen Erben zuweisen. Es gibt dazu zwei Instrumente: Die Teilungsanordnung und das Vorausvermächtnis.
Teilungsanordnung führt zu Ausgleichszahlungen unter den Erben
Eine mögliche Lösung für dieses Problem ist die Teilungsanordnung nach § 2048 BGB.
Dabei können einzelne Gegenstände den jeweiligen Erben speziell zugeordnet werden
Beispiel: Benno will ein Testament machen. Seine beiden Kinder Claudia und Daniel sollen erben. Benno hat als wesentliches Vermögen Mehrfamilinehaus in Leipzig und einen Porsche. Die Tochter soll das Haus und der Sohn den Porsche "erben".
Hier könnte der Vater Benno seine beiden Kinder im Testament zu Mit-Erben von je 1/2 einsetzen und bezüglich der beiden Vermögensgegenstände eine Teilungsanordnung treffen.
Besonderheit der Teilungsanordnung ist die Ausgleichspflicht nach §§ 2050, 2052 BGB. Das bedeutet: Ist das Haus mehr wert als der Porsche, dann muss die Tochter einen wertmäßigen Ausgleich an den Sohn zahlen.
Einfache Verteilung durch Vorausvermächtnis
Will man eine solche Ausgleichspflichten nicht, sondern einfach nur die Gegenstände verteilen, ist es die bessere Lösung, ein Vorausvermächtnis nach § 2150 BGB anzuordnen. Dadurch kann es zu noch weniger Konflikte kommen, weil keine Zahlungsansprüche – und damit auch kein Streit über die Bewertung der Gegenstände – unter Erben bestehen.
Durch das Vorausvermächtnis bekommt der Erbe nämlich einen Vermögensvorteil zusätzlich zu seiner eigentlichen Erbquote.
Würde im Beispiel von oben ein Vorausvermächtnis angeordnet, würde die Tochter das Mehrfamilienhaus und der Sohn das Auto bekommen, der Rest des Nachlasses würde jedem zur Hälfte zustehen.
Achtung: Bei zu deutlichen Wertdifferenzen wäre aber zu beachten, dass die Kinder Pflichtteilsberechtigte sind. Möglicherweise hätte das Kind, dass durch sein Vorausvermächtnis und sein sonstiges Erbe zu wenig erhält, einen Pflichtteilsrestanspruch.
Nur Vorausvermächtnis im Berliner Testament bindend
Neben dem Aspekt Wertausgleich gibt es noch einen weiteren Unterschied zwischen Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis: Nur ein Vorausvermächtnis kann in einem Ehegattentestament mit bindender Wirkung angeordnet werden (§ 2270 Abs. 3 BGB).
Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis durch Testamentsvollstreckung absichern
Da Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis von allen Erben vollzogen werden muss, weil ja alle im ersten Schritt automatisch Erben an allen Gegenständen im Nachlass werden, und im zweiten Schritt die Gegenstände auf die einzelnen Erben verteilen müssen, empfiehlt es sich, zumindest für die Vollziehung der Verteilung Testamentsvollstreckung anzuordnen.
Tipp: Da Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung eine ähnliche Wirkung haben, sind die Grenzen zwischen beidem fließend. Bei der Formulierung des Testamentes ist deshalb eine ganz deutliche klare Wortwahl notwendig, damit klar wird, was von beidem gewollt ist und nicht im Erbfall Streit über die Auslegung einer unklaren Formulierung aufkommt.
Bei der Gestaltung und Formulierung Ihres Testamentes unterstützen wir Sie gerne.
Ihr Ansprechpartner für Erbrecht:
Rechtsanwalt Alexander Grundmann in Leipzig
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