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25. Juli 2018 Vorsorgevollmacht – Streit mit den Erben

In einer kurzen Artikelserie geht es um einen oft vergessenen Aspekt der Vorsorgevollmacht – das Innenverhältnis. Der erste Teil befasst sich mit Grundüberlegungen und den rechtlichen Grundlagen des Innenverhältnisses.

Zur Vorsorgevollmacht gehören ein Außen- und ein Innenverhältnis.

Das Innenverhältnis regelt das Dürfen, während das Außenverhältnis das Können des Bevollmächtigten regelt. Wurde eine Vollmacht gegeben, betrifft das nur das Außenverhältnis, der Bevollmächtigte darf nach Außen für den Vollmachtgeber handeln. Davon zu unterscheiden ist das vertragliche Innenverhältnis, also die Rechte und Pflichten zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer.

Das Innenverhältnis ist zweiseitig, während Außenverhältnis nur einseitig ist.

Streit aus der Vorsorgevollmacht

Ungeklärtes Innenverhältnis führt oft zu Streit mit den Erben

Das Außenverhältnis, die eigentliche Vollmacht, wird von vielen Mustern mehr oder weniger ausreichend gut geklärt. Oft vergessen wird aber das Innenverhältnis. Das kann zu Problemen und Streit führen.

Da Grundlage einer Vollmacht immer ein Vertrauensverhältnis sein sollte und meistens auch ist, kommt es zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer zu Lebzeiten des Vollmachtgebers nicht zum Konflikt. Ein weiterer Grund  dafür, dass dieser Bereich eher streitarm ist, dürfte das in vielen Fällen anzutreffende faktische Abhängigkeitsverhältnis und die „Schwäche“ des Vollmachtgebers sein, der froh ist, dass sich jemand um ihn kümmert. Der Vollmachtgeber hat meist gar keine Kraft für Streit mehr, selbst wenn er merkt, dass was schiefläuft.

Problematisch wird das ungeklärte Innenverhältnis aber oft nach dem Tod des Vollmachtgebers, wenn Ansprüche durch Erben geltend gemacht werden.

Beispiel: Eine verwitwete Frau hat zwei Töchter. Eine Tochter wohnt in der Nähe und kümmert sich um die Mutter. Die Mutter gibt ihr eine Vorsorgevollmacht und eine Kontovollmacht. Die Bevollmächtigte hebt regelmäßig Geldbeträge vom Konto der Mutter ab und übergibt es ihr, damit die Mutter ihre Ausgaben decken kann.

Die Übergabe des Geldes lässt sich die Tochter nicht quittieren. Die Mutter gibt das Geld aus. Nach dem Tod der Mutter kommt die andere Tochter, die Miterbin geworden ist und verlangt Auskunft, was mit dem abgehobenen Geld passiert ist.

Für die Frage, ob Auskunftsansprüche der Mutter bestanden, die im Wege der Erbfolge auf Erben übergegangen sind, kommt es auf das der Vollmacht zugrunde liegende Innenverhältnis an.

Mögliche Vertragstypen für Innenverhältnis der Vorsorgevollmacht

Fraglich ist, ob Auskunftsansprüche bestehen.

Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass jeder Vollmacht ein Innenverhältnis zugrunde liegt. Das wird wie folgt konstruiert:

Das Angebot des Vollmachtgebers auf Abschluss einen Vertrages zum Innenverhältnis ist die Einräumung der Vorsorgevollmacht.

Die Annahme des Vertragsangebots durch den Bevollmächtigten erfolgt konkludent, indem er die Vorsorgevollmacht nutzt.

Für die Frage, welches Innenverhältnis bestand, wird auf die Vertragstypen aus dem BGB zurückgegriffen. Der Vertragstyp kann explizit im Vertrag stehen oder – wenn es wie oft keinen ausdrücklichen Vertrag zum Innenverhältnis gibt – sich aus Vertragsauslegung ergeben.

Wegen der anwendbaren Regeln wird der Charakter des Innenverhältnisses bestimmt und dann der entsprechende Vertragstyp aus dem BGB zugrunde gelegt.

Mögliche Vertragstypen sind:

– Auftrag, § 662 BGB

– Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675 BGB

– Dienstvertrag, § 611 BGB

– bloßes Gefälligkeitsverhältnis ohne Rechtsbindungswille

Im Privatbereich kommen die Varianten Auftrag oder Gefälligkeit in Betracht.

Entscheidend für die Annahme eines Auftragsverhältnisses ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer rechtsgeschäftlich binden wollten.

Bestand ein Auftragsverhältnis, dann gibt es einen Anspruch gegen den Bevollmächtigten auf Erteilung einer Auskunft aus übergegangenem Recht der Erblasserin aus § 666 BGB i.V.m. § 1922 BGB. Wird nichts geregelt besteht grundsätzlich ein Auskunftsanspruch des Auftraggebers (Vollmachtgebers) gegen einen Auftragnehmer (Bevollmächtigten), was mit dem anvertrauten Geld passiert ist. Bestand ein Auskunftsanspruch, kann dieser vom Auftraggeber im Wege der Erbfolge auf den oder die Erben übergehen.

Fazit: Das Innenverhältnis sollte man klären.

In den nächsten Artikeln lesen Sie, wie Rechtsprechung die Frage zur Auskunfstpflicht der Bevollmächtigten entscheiden und was Sie als Vollmachtgeber richtig machen können, um späteren Streit zu vermeiden.

Ihr Ansprechpartner zur Vorsorgevollmacht

Rechtsanwalt Alexander Grundmann

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte Leipzig

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