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13. Oktober 2022 – Vererbung der Immobilie – verschiedene Wege

Soll die Immobilie erst nach dem Tod auf den Begünstigten übergehen, empfiehlt sich immer ein Testament.

Erbe oder Vermächtnisnehmer

Dabei gibt es verschiedene erbrechtliche Möglichkeiten für die Testamentsgestaltung. Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Vererben und Vermächtnis.

Beim Vererben geht das Vermögen des Verstorbenen, der Nachlass, insgesamt automatisch im Zeitpunkt von dessen Tod auf den oder die Erben über.

Anders ist das beim Vermächtnis. Hier wird ein einzelner Vermögensgegenstand, z.B. eine Immobilie an den „Vermächtnisnehmer“ zugewendet. Der Vermächtnisnehmer wird – anders als der Erbe – nicht automatisch Eigentümer. Er hat nur einen Anspruch auf Übertragung gegen die Erben und muss diesen Anspruch auch durchsetzen. Der Gegenstand geht, wie das gesamte andere Vermögen zuerst automatisch auf die Erben über und muss im zweiten Schritt auf den Vermächtnisnehmer übertragen werden.

Aufpassen beim Formulieren des Vermächtnisses

Da der Vermächtnisnehmer nicht Erbe ist, muss er im Grundsatz nicht für Schulden des Verstorbenen aufkommen.

Deshalb muss man bei der Formulierung eines Vermächtnisses im Testament, in dem eine noch belastete Immobilie übertragen werden soll, besonders aufpassen. Nur so vermeidet man Probleme, die sich wegen der sonst notwendigen Auslegung des Testaments ergeben.

Beispiel: Benno ist verwitwet, hat eine neue Lebensgefährtin und hat einen Sohn. Benno hat in seinem Testament seinen Sohn Daniel zum Alleinerben eingesetzt. Die Lebensgefährtin bekommt als Vermächtnis die Eigentumswohnung, in der sie mit Benno lebte.

Die Eigentumswohnung ist noch mit einer Grundschuld von 100.000 Euro belastet.

Hier ist die zu regelnde Frage, ob die Lebensgefährtin auch einen eventuellen Kredit, den die Grundschuld sichert, mit übernehmen und abbezahlen muss.

Gibt es keine klare Aussage dazu im Testament, ist das Testament nach dem Tod von Benno auszulegen und Streit ist vorprogrammiert.

Bei der Auslegung kommt es vor allem darauf an, was die Grundschuld absichert:

Variante 1- Die Grundschuld sichert den Kredit ab, der zum Kauf der Eigentumswohnung aufgenommen wurde. Der Kredit ist erst zur Hälfte abgezahlt.

Variante 2 – Der Wohnungskaufkredit ist vollständig an die Bank zurückgezahlt. Die zur Absicherung des Kredits eingetragene Grundschuld wurde nur noch nicht gelöscht.

Variante 3 – Die Grundschuld sichert den Kredit ab, den Benno für eine große Weltreise, die er nach dem frühen Tod seiner Ehefrau unternommen hat, aufgenommen hat.

Bei Variante 1 liegt es nah, anzunehmen, dass Benno wollte, dass die Lebensgefährtin auch den Kredit übernimmt und zurückzahlen muss. Bei Variante 2 gibt es gar kein Problem. Da die Grundschuld gar keinen Kredit mehr sichert, sondern zu einer so genannten Eigentümergrundschuld geworden ist, besteht keine Belastung. Bei Variante 3 gibt es keinen Bezug zur Immobilie.

Wohnrechtsvermächtnis

Statt dem Vermächtnisnehmer zum Eigentümer zu machen, kann man ihm an der Immobilie auch nur ein Wohnrechtsvermächtnis einräumen. Auch hier sollten die Details, wie Lastentragung klar geregelt werden und je nach konkreter Situation auch von den gesetzlichen Regelungen abgewichen werden.

Abwandlung Beispiel oben: Benno verfügt in seinem Testament, dass seine Lebensgefährtin ein lebenslanges Wohnrecht bekommt.

An was muss man beim Vermächtnis noch denken

Da die Erben das Vermächtnis erst erfüllen müssen, d.h. die Immobilie aus dem Nachlass zum Vermächtnisnehmer übertragen müssen, sollte bei Anordnung eines Vermächtnisses immer Testamentsvollstreckung in Betracht gezogen werden. Um Streit zu vermeiden, wird der Vermächtnisnehmer hinsichtlich der Vermächtniserfüllung auch Testamentsvollstrecker.

An was muss man bei Vererben denken

Entschließt man sich, Immobilien im Wege der Erbeinsetzung zu übertragen, sollte durch das Testament vor allem sichergestellt werden, dass Streitigkeiten vermieden werden.

Das erreicht man damit, dass am Nachlass und damit an Immobilien keine Erbengemeinschaft entsteht oder, falls es doch mehrere Erben gibt, im Testament streitvermeidende Instrumente, wie Testamentsvollstreckung angeordnet werden.

Erbe oder Vermächtnis aus erbschaftsteuerlicher Sicht

Aus Sicht der Erbschaftsteuer ist es egal, ob man eine Immobilie als Erbe oder als Vermächtnisnehmer erhält, siehe § 3 Absatz 1 Nr. 1 ErbStG.

Weil beides ein Erwerb von Todes wegen ist, entsteht die Steuer schon „mit dem Tode des Erblassers“, § 9 Absatz 1 Nr. 1 ErbStG. Das kann für einen Vermächtnisnehmer, der das Vermächtnis noch gar nicht bekommen hat, eine böse Überraschung sein.

Beim Vermächtnis einer Immobilie, auf der noch eine Grundschuld lastet, wie im Beispiel oben, kommt es für die Erbschaftsteuer ebenfalls darauf an, ob eine Belastung vom Vermächtnisnehmer übernommen werden muss oder nicht.

Bei Variante 1 im obigen Beispiel würde das dazu führen, dass vom Steuerwert der Wohnung die von der Lebensgefährtin zu tragende Belastung von 50.000 Euro abgezogen wird.

Das ist wegen ihres geringen Freibetrages bei der Erbschaftsteuer und des ungünstigen Steuersatzes durchaus relevant. (Die Lebensgefährtin kann auch nicht die Steuerbefreiung Familienheim in Anspruch nehmen.)

Auch Wohnrechtsvermächtnis löst Erbschaftsteuer aus

Der geringe erbschaftsteuerliche Freibetrag der Lebensgefährtin ist auch ein Problem beim Wohnrechtsvermächtnis, weil solche lebenslangen Zuwendungen je nach konkreten Umständen vom Finanzamt sehr hoch bewertet werden.

Hier kommt es darauf an, was die ortsübliche Miete für die Eigentumswohnung wäre und wie lange die Lebensgefährtin im Zeitpunkt des Todes von Benno nach der Statistik noch lebt.

Beispiel: Ortsübliche monatliche Kalt-Miete ist 1.000 Euro. Ortsübliche Jahresmiete ist damit 12.000 Euro. Der Vervielfältiger,  der sich daraus ergibt, wie lang die Lebensgefährtin zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen statistisch noch lebt, ist 12. 12.000 Euro x12= 144.000 Euro =  Wert des Wohnrechts für die Erbschaftsteuer. Da die Lebensgefährtin nur einen Freibetrag von 20.000 Euro hat, führt das zu erheblicher Erbschaftsteuer.

Spiegelbildlich kann der Erbe, der das Vermächtnis erfüllen muss, den Wert des Wohnrechts als Verbindlichkeit von seinem Erwerb abziehen, § 10 Absatz 5 Nr. 2 ErbStG.

Achtung: Wenn ein Wohnrecht als Vermächtnis einem Ehegatten eingeräumt wurde: Für ein Wohnrecht gilt die Steuerbefreiung Familienwohnheim nicht. Der Ehegatte hat aber den allgemeinen Freibetrag von einer halben Million.

Fazit: Lassen Sie sich beraten. Sinnvoll ist es, im ersten Schritt mindestens in einer Erstberatung bei einem im Erbrecht erfahrenen Anwalt eine Groborientierung zu bekommen. Dann können die Details ausgearbeitet werden und einem Steuerberater, der sich im Erbschaftsteuerrecht auskennt, vorgelegt werden.



Rechtsanwalt Alexander Grundmann

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