Schenkungen an Kinder und Enkel sind oft eine gute Idee. Leider muss man aber immer daran denken, dass eine spätere Verarmung des Schenkers zu Rückforderungsrechten des Staates führen kann. Häufig kommt das vor, wenn teure Heimkosten nicht von Rente und Pflegegrad (früher Pflegestufe) bezahlt werden können, sondern noch Sozialhilfe beantragt werden muss.
Einen recht tragischen Fall, der einen wirklich ins Nachdenken bringt, musste das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 13.02.2020 entscheiden (Aktenzeichen: 6 U 76/19).
Sparbuch für die Enkel
Es ging um die Schenkung einer Oma an ihre beiden Enkel. Dabei hatte die Oma das Geld nicht in einem Betrag geschenkt, sondern als monatliche Zahlungen aufs Sparbuch.
Nach Geburt der Enkel hatte die Oma für die Enkel jeweils ein Sparbuch eröffnet. Auf jedes Sparbuch hat die Großmutter dann monatlich jeweils 50 Euro eingezahlt, beim einen Enkel ca. 11 Jahre und beim anderen ca. 9 Jahre.
Hohe Heimkosten – Sozialhilfe
Das Problem begann, als die ältere Dame nicht mehr in ihrem Haushalt leben konnte, sondern ins Heim musste. Die Frau hatte nur eine Rente von etwa 1.250 Euro.
Als sie in der Pflegeeinrichtung untergebracht werden musste, hatte sie die Zahlungen an ihre Enkel zwar schon beendet. Die anteilig von ihr zu tragenden Kosten für das Heim konnte sie aber trotzdem nicht aus ihrer Rente oder eigenen Ersparnissen bezahlen.
Deshalb bezahlte der Sozialhilfeträger erstmal die nicht aus der Rente gedeckten Heim-Kosten und verlangte dann aber von den Enkeln die Rückzahlung der Beträge, die die Großmutter in den letzten zehn Jahren auf die Sparkonten der Enkel eingezahlt hatte. Rechtsgrund: Verarmung des Schenkers.
Klage gegen Enkel auf Rückzahlung der Oma-Schenkungen
Weil die Enkel nicht freiwillig zahlten, klagte der Sozialhilfeträger auf Rückzahlung der Sparbuchschenkungen. Da es hier um (übergeleitete) Forderungen aus dem Schenkungsrecht im BGB geht, muss auch der Staat vor den Zivilgerichten (Amtsgericht/Landgericht) klagen, nicht vor dem Sozialgericht.
„Anstandsschenkungen“ oder nicht
In der ersten Instanz wies das Landgericht die Klage des Staates gegen die Enkel ab, weil es die Schenkungen als „Anstandsschenkungen“ ansah, die nicht zurückgefordert werden können.
Das OLG Celle als Berufungsgericht beantwortete diese Rechtsfrage genau entgegengesetzt.
Nach Rechtsauffassung des OLG Celle sind die über viele Jahre geleisteten monatlich Zahlungen an Familienangehörige zum Kapitalaufbau keine „privilegierten Schenkungen“ im Sinne des § 534 BGB.
Die Zahlungen waren weder eine sittlich gebotene „Pflichtschenkung“ noch eine auf moralischer Verantwortung beruhende „Anstandsschenkung“.
Daher kann der Sozialhilfeträger – wenn der Schenker selbst bedürftig wird und deshalb Sozialhilfe bezieht – diese Beträge von den beschenkten Familienangehörigen zurückfordern. Interessant ist die Abgrenzung zu anlassbezogenen (Geld-) Geschenken zu Weihnachten und zum Geburtstag. Hier sprach einerseits in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse der Großmutter die Summe der jährlich geleisteten Beträge gegen ein dem Anstand entsprechendes Gelegenheitsgeschenk. Andererseits sprach auch der Zweck der Zuwendungen (Kapitalaufbau) gegen eine solche Charakterisierung der Zahlungen. Das Geld wurde den Enkeln zum Ansparen auf die Konten gezahlt und wurde ihnen nicht einfach als Taschengeld geschenkt. Das war – rechtlich – ein Fehler!
Fazit: Das Urteil ist zwar rechtlich sicher korrekt, setzt aber gesellschaftlich ein völlig falsches Signal. Die Botschaft ist deutlich: Wer (für seine Enkel) spart, wird bestraft.
Für Großeltern gilt daher: Achtung bei den beliebten Sparkonten für die Enkel. Auch wenn es eigentlich sehr vernünftig ist, den Enkeln Geld nicht für den alltäglichen Gebrauch zu schenken, sondern das Geld für den Kapitalaufbau zuzuwenden, damit die Kinder später etwas Startkapital haben, gilt: Wenn Sie als Großeltern wenig eigenes Vermögen haben und auch nur eine Rente erwarten oder bekommen, die für Heimkosten nicht ausreichen, geben Sie Ihren Enkeln immer mal einen Zuschuss zum Taschengeld, machen mit ihnen – vielleicht auch teure - schöne Ausflüge oder laden sie zum Eis essen ein und schenken ihnen was zu Weihnachten oder zum Geburtstag, aber vermeiden Sie Enkelsparbücher.
Generell gilt: Verschenken Sie rechtzeitig, da der Rückforderungsanspruch ausgeschlossen ist, wenn seit Leistung der Schenkung 10 Jahre vergangen sind, § 529 Abs. 1 2. Alt. BGB. (Und: Die 10 Jahre sind auch relevant für Pflichtteilsergänzungsansprüche.)
Bei der Schenkung eines Grundstücks beginnt die 10-Jahresfrist bereits mit Erklärung der Auflassung und Eingang des Eintragungsantrags des Beschenkten selbst beim Grundbuchamt (BGH, Urteil vom 19. 7. 2011 – X ZR 140/10).
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