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21. Oktober 2016 – Erbenhaftung – Aufgebotsverfahren kann haftungsbeschränende Wirkung haben

Ist der Erbe im Unklaren über die Höhe der Nachlassverbindlichkeiten, kann er sich auf dem Wege des Aufgebotsverfahrens (§ 1970 BGB) einen Überblick verschaffen.

Sinn des Aufgebotsverfahrens ist es, die Nachlassgläubiger auszuschließen, die nicht bis zu einem bestimmten Termin ihre Forderung anmelden. Das Aufgebotsverfahren führt keine direkte Haftungsbeschränkung des Erben herbei, kann aber im Einzelfall eine haftungsbeschränkende Wirkung haben.

Wie läuft das Aufgebotsverfahren ab?

Das Aufgebotsverfahren muss beim Nachlassgericht (das ist eine Abteilung beim Amtsgericht) beantragt werden. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der verstorbene Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Den Antrag kann der Erbe oder jeder Miterbe nach Annahme der Erbschaft, der Nachlassverwalter, der Nachlasspfleger oder der Testamentsvollstrecker stellen.

Danach werden die Nachlassgläubiger vom Nachlassgericht öffentlich aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist anzumelden.

Wenn die Aufgebotsfrist abgelaufen ist, findet der Aufgebotstermin statt. Nach dieser Frist ergeht ein Ausschließungsbeschluss, in dem die ordnungsgemäß angemeldeten Forderungen festgehalten und alle anderen ausgeschlossen werden.

Wirkung des Aufgebots

Der Erbe haftet den ausgeschlossenen Gläubigern – die sich innerhalb der Aufgebotsfrist gemeldet haben – laut § 1973 BGB nur noch mit dem Nachlassüberschuss, der nach der Befriedigung der angemeldeten Forderungen verbleibt.

Beispiel: Nach dem Tod eines Vaters beerben ihn dessen Söhne zu gleichen Teilen. Der Wert des Nachlasses betrug 600.000 EUR. Nachdem alle bekannten Nachlassverbindlichkeiten beglichen sind, verbleiben 500.000 EUR und die Erbengemeinschaft wird auseinandergesetzt. Jeder der fünf Erben erhält 100.000 EUR. Kurz darauf meldet sich bei den Erben ein bisher nicht bekannter Nachlassgläubiger mit einer Forderung von 400.000 EUR

Haben die Erben das Aufgebotsverfahren durchgeführt, haften sie jeweils nur mit dem Anteil, der ihnen aus dem Nachlass bei der Auseinandersetzung zugekommen ist, da dem jetzt aufgetauchten Gläubiger die Ausschlusseinrede entgegenhalten werden kann.

Ohne das Aufgebotsverfahren können die Erben diese Einrede nicht erheben. Das führt dazu, dass sie dem Nachlassgläubiger jeweils mit ihrem gesamten Vermögen und eben nicht nur aus dem Nachlass haften. Die Haftung lässt sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr beschränken, denn eine Nachlassverwaltung kann nicht mehr stattfinden, da die Erbengemeinschaft bereits auseinandergesetzt ist, und eine Nachlassinsolvenz scheitert mangels Überschuldung. Der Gläubiger kann sich also an jeden der Erben wenden und jeder Erbe haftet für die 400.000 EUR hinaus, mit seinem Privatvermögen!

Fazit: Ein Aufgebotsverfahren kann helfen, böse Überraschungen zu vermeiden, wenn nicht ganz sicher ist, dass alle Nachlassgläubiger und Forderungen bekannt sind.

Lesen Sie auch zur unsere Artikel Haftungsbeschränkung des Erben durch Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz und Dürftigkeitseinrede.

 

Wir beraten Sie, über die Möglichkeiten zur Beschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass.

Ihr Ansprechpartner im Erbrecht:

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, LL.M.,

Grundmann Häntzschel Rechtsanwälte in Leipzig

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