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10. Januar 2020 – Adoption – Ist bei der Volljährigenadoption auch die Zustimmung des leiblichen Elternteils notwendig und andere Fragen der Adoption Volljähriger?

(gleichzeitig zu Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 27.1.2017, 10 UF 48/16)

Bei der Volljährigenadoption soll in der Regel das Kind, das die Mutter aus einer vorherigen Beziehung mit „in die Ehe gebracht“ hat, von deren Ehemann adoptiert werden („Stiefvateradoption“).

Bei der Frage, ob eine Adoption beantragt wird, ist für viele auch entscheidend, ob an der Adoption auch der leibliche Vater beteiligt ist.

Für die Volljährigenadoption ist die Einwilligung des leiblichen Vaters (anders als bei § 1747 BGB für die Minderjährigenadoption) nicht erforderlich. Das ergibt sich aus § 1768 Abs. 1 Satz 2 BGB, der die Anwendbarkeit von § 1747 BGB für die Volljährigenadoption explizit ausschließt.

Wenn Sie aber die Wirkungen der Minderjährigenannahme herbeiführen wollen, die in die bestehenden Verwandtschaftsverhältnisse eingreifen, müssen gemäß § 1772 Abs. 1 Satz 2 BGB eventuell entgegenstehende überwiegende Interessen der leiblichen Eltern geprüft werden. (Rechtlich wäre das zwar immer noch keine notwendige Einwilligung, aber würde im Ergebnis genauso wirken, wenn der leibliche Elternteil Einwendungen erhebt.)

Daraus ergibt sich die nächste Frage, ob es sinnvoll ist, bei einem erwachsenen Kind eine Adoption mit Wirkungen der Minderjährigenannahme überhaupt beantragt werden soll. Dafür sind folgende Erwägungen entscheidend:

Werden durch die Adoption mit schwacher Wirkung die Verbindungen des Kindes zum bisherigen Vater gekappt?

Nein, durch die Adoption mit schwacher Wirkung (also ohne Wirkungen der Minderjährigenannahme) erlischt – im Unterschied zur Minderjährigenadoption (dort § 1755 BGB) – das Verwandtschaftsverhältnis zum leiblichen Vater nicht. Das rechtliche Verhältnis zwischen dem Adoptierten und seiner leiblichen Familie bleibt voll und ganz bestehen und es tritt lediglich das neu entstandene Verhältnis zu dem annehmenden Vater hinzu.

Der Adoptivvater verdrängt im Rechtssinne nicht den biologischen Vater. Der adoptierte Erwachsene hat rechtlich zwei Väter.

Damit bleiben auch Unterhaltspflichten des Kindes gegenüber dem leiblichen Vater bestehen.

Volljährigenadoption ausnahmsweise mit starken Wirkungen einer Minderjährigenadoption

Die Volljährigenadoption kann ausnahmsweise mit starken Wirkungen einer Minderjährigenadoption (Adoption mit starker Wirkung oder Volladoption) ausgesprochen werden.

Nur diese Volladoption lässt alle Rechte und Pflichten, insbesondere Erbrechte und wechselseitige Unterhaltsansprüche, zum bisherigen leiblichen Elternteil völlig erlöschen.

Die Voraussetzungen der Adoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption ergeben sich aus § 1772 Abs. 1 S. 1 BGB.

Hier relevante Gründe, sind oft:

  • das Kind kam schon als Minderjähriger in die Familie des annehmenden Stiefvaters
    oder
  • der Annehmende will das Kind seines Ehegatten annehmen.

Allerdings dürfen dann nicht überwiegende Interessen des bisherigen Elternteils entgegenstehen, § 1772 Abs. 1 S. 2 BGB. (siehe oben)

Dazu – kurz skizziert – ein interessanter Fall Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 27.1.2017, 10 UF 48/16, Rn. 24

„Im Rahmen des § 1772 Abs. 1 S. 2 BGB ist eine umfassende Abwägung der Interessen des Annehmenden, der Anzunehmenden und ihres leiblichen Vaters vorzunehmen. Die Interessen der leiblichen Eltern müssen überwiegen; eine Gleichwertigkeit reicht nicht aus. Zweifel gehen zu Lasten der leiblichen Eltern (MüKo/Maurer, BGB, 6. Aufl., § 1772 Rn. 7). Die Abwägung muss dem Erfordernis der sittlichen Rechtfertigung, der jede Volljährigenadoption bedarf, Rechnung tragen. Maßstab ist dabei der Zweck der Volladoption: Das Kind, dessen Verbindung zur leiblichen Verwandtschaft faktisch oder rechtlich abgebrochen wird, soll eine vollwertige Ersatzfamilie erhalten, die ihm auch künftig eine ungestörte Entwicklung sichert (MüKo/Maurer, a.a.O., Rn. 8).“

Aspekte des Brandenburgischen OLG waren:

Rn 25

„Bei Stiefvateradoption ändert sich an der tatsächlichen Situation im Regelfall wenig, da dem Kind nicht erst durch die Adoption die Möglichkeit gegeben wird, in einer Familie aufzuwachsen, die ihm gute Chancen für seine Entwicklung bietet (BGH, Beschluss vom 23.3.2005 – XII ZB 10/03, juris, Rn. 13).“

Unter dem Gesichtspunkt einer ungestörten Entwicklung haben die Interessen des Kindes somit kein großes Gewicht, wenn:

  • Anzunehmende und der Annehmende bereits einen gemeinsamen Namen tragen
  • Anzunehmender nicht mehr im Haushalt des Annehmenden und der Mutter lebt und ein eigenständiges Leben führt – hier lebte das Kind an einem anderen Studienort
    (unter Bezugnahme auf OLG Celle, Beschluss vom 19.6.2013 – 17 UF 3/13, juris, Rn. 14).

Die Volljährigenadoption bewirkt im Gegensatz zur Minderjährigenadoption im personalen Bereich regelmäßig keine Veränderungen.

Rn 27

Aspekt: Es gab keinen Kontakt zwischen leiblichem Vater und Kind – beruhte aber auf Entscheidung des Kindes

Der Abbruch der Beziehung zur leiblichen Familie für sich allein ist aber nicht ausreichend, wenn dem wechselseitige Unterhaltsverpflichtungen zwischen Kind und leiblichen Vater entgegenstehen (vgl. hierzu OLG Celle, a.a.O. Rn. 9).

zentral ist Rn 28

Der „drohende Verlust von Unterhaltsansprüchen der leiblichen Eltern ist ein gewichtiger, einer Volladoption entgegenstehender Grund im Sinne des § 1772 Abs. 1 S. 2 BGB (OLG München, FamRZ 2009, 1137; OLG Celle, Beschluss vom 19.6.2013 - 17 UF 3/13, juris, Rn. 13; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.7.2014 - 7 UF 78/14, juris, Rn. 8; LG Heidelberg, FamRZ 2011, 120; MüKO/Maurer, 6. Aufl., § 1772 Rn. 8; BeckOK/Enders, BGB, Stand: 1.8.2016, § 1772 Rn. 5; JurisPK/Viefhues, BGB, 8. Aufl., § 1772 Rn. 7). Dafür ist es nicht erforderlich, dass die Unterhaltspflicht des Anzunehmenden gegenüber seinem leiblichen Elternteil bereits besteht oder sich konkret abzeichnet (OLG München, a.a.O.; OLG Celle, a.a.O., Rn. 13; OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 8).“

Rn 29

„das gilt insbesondere wenn Kind von Vater seit der Trennung der Eltern bis zu Volljährigkeit Unterhalt bezogen hat (so auch OLG München, a.a.O:, OLG Düsseldorf, a.a.O. Rn. 8; OLG Celle, a.a.O. Rn. 13). Denn der Elternunterhaltsanspruch rechtfertigt sich aus familiärer Solidarität und beruht auf dem Gegenseitigkeitsprinzip (Palandt/Brudermüller, BGB, 75. Aufl. § 1601 Rn. 16). Deshalb ist es grundsätzlich sittlich nicht gerechtfertigt, wenn ein Kind, das von seinem leiblichen Elternteil während seiner Bedürftigkeit versorgt worden ist, sich durch eine Volladoption seiner Unterhaltspflicht entzieht (MüKo/Maurer, BGB, 6. Aufl., § 1772 Rn. 8; LG Heidelberg, a.a.O.)“

Bei der Volljährigenadoption mit schwacher Wirkung muss der leibliche Vater nicht gefragt werden.

Auch bei der Volljährigenadoption mit starker Wirkung ist formal keine Einwilligung des leiblichen Vaters notwendig, aber im Rahmen der Anhörung wird geprüft, ob seine Interessen der Volladoption dagegenstehen. Schon der Verlust von Unterhaltsansprüchen des leiblichen Vaters durch das Erlöschen des Verwandtschaftsverhältnisses kann ausreichen, um die Volladoption zu verhindern.

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