Auch in der Erbengemeinschaft ist es nicht immer notwendig, einen Erbschein zu beantragen, um den Nachlass aufzulösen und das Erbe abzuwickeln.
Muss aber ein Erbschein beantragt werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Gemeinschaftlicher Erbschein oder Teilerbschein
Gibt es mehrere Erben, die eine Erbengemeinschaft bilden, kann jeder Miterbe einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen. Der gemeinschaftliche Erbschein benennt dann alle Miterben mit ihren jeweiligen Erbquoten. Jeder Miterbe kann somit im Alleingang einen gemeinschaftlichen Erbschein für alle beantragen – auch gegen den Willen der anderen Miterben.
Jeder Miterbe sollte aber prüfen, ob es sinnvoll oder ausreichend ist, nur einen Teilerbschein zu beantragen. Der Teilerbschein bezeugt als Einzelerbschein eines Miterben dessen konkretes Erbrecht.
Ein Teilerbschein ist dann sinnvoll, wenn z.B. die anderen Miterben nicht bekannt sind oder deren Erbschaftsannahme nicht nachgewiesen werden kann.
Wenn das – im Falle von unbekannten Miterben – kombiniert wird mit der Anordnung einer Teilnachlasspflegschaft kann mit dem Teilerbschein eine Auseinandersetzung des Erbes möglich sein.
Sinnvoll kann der Teilerbschein auch sein, wenn für die Erbfolge eines Miterben Dokumente nicht vorliegen oder nur kompliziert zu beschaffen sind.
Antrag auf Teilerbschein bzw. Mindestteilerbschein
Im Erbscheinsantrag muss die Erbquote des Antragstellers angegeben werden. Trotzdem kann sich die Erbquote eventuell später noch erhöhen, §§ 1953, 2094 BGB (das ist ein sog. Mindestteilerbschein).
Kostenvorteil des Teilerbscheins
Wird im Erbscheinsverfahren nur ein Teilerbschein über das Erbrecht eines Miterben (gem. § 2353 Alt. 2 BGB) beantragt, reduziert sich der Geschäftswert – der für die Berechnung der Erbscheinsgebühren des Gerichts entscheidend ist – auf den Anteil dieses Miterben (§ 40 Abs. 2 S. 1 GNotKG).
Beispiel: Der verwitwete Benno hat drei Kindern. Als er verstirbt, hinterlässt er ein Vermögen von 150.000 Euro. Weil es kein Testament gibt, sind die drei Kinder nach gesetzlicher Erbfolge Miterben zu je 1/3.
Eines der Kinder, Daniel, will einen Anwalt beauftragen, dass er für ihn einen Erbschein beantragt. Hier gibt es zwei Möglichkeiten
(1) Der Anwalt beantragt einen Erbschein, der Daniel und seine Geschwister zu je einem Drittel als Miterben ausweisen soll oder
(2) Der Anwalt beantragt nur einen Teilerbschein, der seinen Mandanten Daniel als Miterben zu einem Drittel ausweisen soll.
Bei Möglichkeit (1) beträgt der Geschäftswert 150.000 EUR (§ 40 Abs. 1 GNotKG).
Bei Möglichkeit (2) beträgt der Geschäftswert 50.000 EUR (§ 40 Abs. 2 S. 1 GNotKG).
Das führt zwar wegen der Kostenstruktur der Gerichtskosten nicht dazu, dass er beim Teilerbschein nur 1/3 zahlen muss, aber trotzdem wird es deutlich billiger. (Zu den Kosten siehe hier.)
Mit diesem Teilerbschein kann er z.B. bei dem Kreditinstitut des Vaters Einsicht in Bankunterlagen bekommen.
Tipp: Gibt es keinen Streit zwischen den Kindern und soll einfach nur der Erbe einvernehmlich abgewickelt werden und das Konto aufgelöst werden, ist es aber sinnvoll, gleich einen gemeinschaftlichen Erbschein für alle zu beantragen.
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Rechtsanwalt Alexander Grundmann