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10. Juni 2022 – Warum brauchen Ehepaare ein Testament?

Nur wenige Menschen haben ein Testament. Verstirbt jemand, ohne ein Testament gemacht zu haben, gilt die gesetzliche Erbfolge.

Unerwünschte Folgen der gesetzlichen Erbfolge für Ehegatten

Regeln Ehepartner ihre Erbfolge nicht, gilt für sie auch die gesetzliche Erbfolge. Der Ehegatte wird zwar auch gesetzlicher Erbe – aber im Normalfall nicht alleine. Nach dem Tode des zuerst versterbenden Ehegatten erben ebenso dessen Verwandte und werden Miterben des überlebenden Ehegatten.

Wirtschaftliche Nachteile

Dem Überlebenden wird durch das Erbrecht der Verwandten dann durch den Erbfall ein großer Teil gemeinsam erarbeiteten Vermögens entzogen.

Erbengemeinschaft mit Streitpotential

Der überlebende Ehegatte wird aber durch die gesetzliche Erbfolge nicht nur wirtschaftlich schelchter gestellt, sondern er wird Mitglied einer Erbengemeinschaft:

Zwischen den Verwandten des Verstorbenen und dem überlebenden Ehegatten entsteht kraft Gesetzes eine Erbengemeinschaft. Weil innerhalb der Gemeinschaft über das Erbe nur gemeinsam entschieden werden darf, kann es wegen der verschiedenen Interessen zum Streit kommen.

Beispielsweise wird der überlebende Ehegatte das Hausgrundstück in der Regel weiter besitzen und bewohnen wollen. Die Verwandten sind aber vielleicht an einem schnellen Verkauf interessiert.

Nachteile bei bestimmten Familienverhältnissen

Je nach Familienverhältnissen, ergeben sich aus der gesetzlichen Erbfolge weiterer Probleme, die man durch ein Testament vermeiden kann.

Minderjährige Kinder in der Ehe

Problematisch ist die gesetzliche Erbfolge, wenn die gemeinsamen Kinder beim Tod eines Ehepartners noch minderjährig sind.

Bei der Verwaltung des Nachlasses kann der überlebende Ehegatte, obwohl ihm die elterliche Sorge für das minderjährige Kind alleine zusteht, nicht uneingeschränkt für das Kind handeln. Für bestimmte Rechtsgeschäfte, z. B. beim Verkauf eines zur Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks, muss das Familiengericht zustimmen.

Bei der Aufteilung des Erbes kann der überlebende Ehegatte das minderjährige Kind nicht selbst vertreten. Es muss beim Gericht ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Die Verfügungen des Ergänzungspflegers über den Erbteil müssen zusätzlich vom Familiengericht genehmigt werden.

Dies macht die Abwicklung des Erbfalles nicht nur kompliziert, sondern kann zu handfesten Nachteilen für den überlebenden Ehegatten führen, da der Ergänzungspfleger und das Vormundschaftsgericht nur die Interessen des Kindes zu berücksichtigen haben.

Hier kommt zum Beispiel die testamentarische Anordnung einer Testamentvollstreckung für die Erbteile der Kinder in Betracht.

Kinderlose Ehepartner ohne Testament

Viele kinderlose Ehepaare kennen das Erbrecht der Eltern oder Geschwister des verstorbenen Ehepartners nicht.

Nach der gesetzlichen Erbfolge werden kinderlose Ehegatten auch von ihren Eltern, bzw. Geschwistern beerbt. Überlebender Ehegatte und Schwiegereltern (oder Geschwister des Verstorbenen) bilden dann eine Erbengemeinschaft.

Tipp: Kinderlose Ehepaare sollten sich daher – wenn die gesetzliche Erbfolge der Verwandten ausgeschlossen werden soll – durch ein Testament zu gegenseitigen Alleinerben einsetzen.

Was tun, um ein Testament zu erstellen?

Wenn Ehegatten Testamente machen, machen sie in der Regel ein Berliner Testament. Dann gibt es zwar ein Testament und man vermeidet die oben beschriebenen Nachteile. Aber ein Berliner Testament, bei dem einfach ein Muster abgeschrieben wurde, hat Risiken und schafft damit neue Probleme. Außerdem kann die Enterbung von Verwandten zu Pflichtteilsansprüchen führen.

Lassen Sie sich beraten, sparen Sie nicht an der falschen Stelle. Zumindest in einer Erstberatung sollten Sie die Ideen, die Sie für Ihr Testament haben, von einem Dritten kritisch prüfen lassen.

Rechtsanwalt Alexander Grundmann, Leipzig

 

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