Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat in einem aktuellen Urteil zur Verwertung einer Erbschaft mit Testamentsvollstreckung entschieden.
Erbschaft von Testamentsvollstrecker verwaltet
Eine heute 23-jährige Frau lebte seit ihrer Volljährigkeit von April 2010 bis April 2012 in einem Heim. Die Kosten des Heims bezahlte das Jugendamt im Rahmen der „Hilfe für junge Volljährige“.
Die junge Frau hatte 2006 geerbt. Das Jugendamt wollte von der Frau aus der Erbschaft 98.000 Euro für die Heimkosten.
Die Frau konnte aber über die Erbschaft noch gar nicht frei verfügen, da ein Testamentsvollstrecker eingesetzt war. Der verstorbene Erblasser hatte nämlich testamentarisch bestimmt, dass die Erbin erst nach ihrem 25. Geburtstag im April 2017 das Erbe bekommen soll.
Bundesverwaltungsgericht: Erbschaft mit Testamentsvollstreckung kein „verwertbares Vermögen“
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gab der jungen Frau Recht und stellte fest, dass das Jugendamt für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nicht auf eine Erbschaft zugreifen kann, die nach dem Willen des Erblassers noch gar nicht ausbezahlt werden soll und darf.
Die durch die Testamentsvollstreckung beschränkte Erbschaft ist dann kein „verwertbares Vermögen“. Der so beschränkte Erbe kann dann nicht zur Beteiligung an den Kosten der Jugendhilfe herangezogen werden.
Die Richter des höchsten Verwaltungsgerichts in Leipzig sagten, dass Voraussetzung eines Zugriffs auf das Erbe eines Jugendlichen oder junger Volljähriger ist, dass er „in angemessener, also absehbarer Zeit“ selbst auf das Geld aus einer Erbschaft verfügen kann. Das ist dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der Vermögensgegenstände im Erbe noch im Bewilligungszeitraum realisiert werden kann oder wenn vorab bekannt ist, dass das „Verwertungshindernis“ Testamentsvollstreckung kurz nach Ende des Bewilligungszeitraums wegfällt.
Bei der jungen Frau, die sich hier bis zum Bundesverwaltungsgericht durchgeklagt hatte, lagen aber fünf Jahre zwischen dem Ende des Bewilligungszeitraums und der Auszahlung der Erbschaft.
Deshalb sei das Erbe kein verwertbares Vermögen mehr.
Quelle: Juraforum.de
Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 25. Juni 2015, 5 C 12.14
Fazit: Bei der Testamentsgestaltung ist immer auch zu bedenken, ob mögliche Erben Sozialleistungen beziehen. Sollen Kinder oder Enkel, die Leistungen beziehen, trotzdem erben, kann das Erbe und damit häufig auch das Familienvermögen durch testamentarische Gestaltungen vor dem Zugriff der Sozialhilfeträger geschützt werden.
Hier hilft nur eine rechtzeitige Planung. Wir beraten Sie gerne.
Ihr Ansprechpartner für Erbrecht in Leipzig
Rechtsanwalt Alexander Grundmann