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28. August 2025 – Schenkungsteuer bei zu niedrig verzinsten Darlehen an Familienangehörige und Freunde

Darlehen zwischen Familienmitgliedern oder an Freunde sind nicht nur einfacher als Bankdarlehen, sondern wegen „Freundschaftszinsen“ häufig günstiger sind als bei der Bank.

Aber Achtung! Ein Zinsvorteil kann zu rechtlichen Problemen führen, weil das vom Finanzamt als Schenkung angesehen wird. Ein vermeintlich günstiges Darlehen innerhalb der Familie oder unter Freunden kann zu unerwartete Steuerlasten führen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat 2024 entschieden, wie in solchen Fällen die Schenkungsteuer zu berechnen ist, BFH-Urteil vom 31.07.2024,  II R 20/22.

Darlehen unter Geschwistern mit geringem Zinssatz führt zu Schenkungsteuer

Was war passiert: Geschwister haben zur Beendigung eines Erbstreits einen Darlehensvertrag geschlossen. Der Bruder erhielt von seiner Schwester ein Darlehen von ca. 2 Millionen Euro.

Anlass war ein vorangeganger Erbstreit mit Vor- und Nacherbfolge, Enterbung und anschließendem Streit über den Pflichtteil zwischen den Geschwistern. Die Geschwister hatten im Rahmen einer Mediation vor dem Landgericht einen Prozessvergleich geschlossen, der einen Darlehensvertrag enthielt.

Laut Vertrag galt das Geld rückwirkend ab dem 1. Januar 2016 als ausgezahlt und das Darlehen war nicht befristet, konnte aber frühestens zum Jahresende 2019 gekündigt werden.

Der vereinbarte Zinssatz war nur 1 % pro Jahr.

Der Bruder gab keine Schenkungsteuererklärung ab.

Das Finanzamt setzte eine Schenkungsteuer gegen den Bruder fest.

Begründung: Laut Deutscher Bundesbank wären 2,67 % bis 2,81 % p.a. marktüblich gewesen. Der vereinbarte Zins sei nicht marktüblich. Der Zinsvorteil sei eine steuerpflichtige Schenkung,

Das Finanzamt berechnete den Zinsvorteil aber nicht aus dem von ihm selbst als marktüblich angesehen Zinssatz von max. 2,81 % p.a., sondern aus dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % gem. § 15 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) weil auch die übrigen Konditionen des Darlehens (Laufzeit, Fälligkeit und Tilgung) nicht marktüblich gewesen seien.

Die marktüblichen Zinsen seien daher auf das konkrete Darlehen nicht anwendbar.

Der Steuerwert der Zins-Schenkung wurde mit 785.008,00 Euro angesetzt. Das ergab abzüglich des Freibetrages gemäß § 16 Abs.1 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) i. H. v. 20.000,00 Euro einen steuerpflichtigen Erwerb i. H. v. 765.000,00 Euro. (Schenkungen unter Geschwistern fallen in Steuerklasse II des ErbStG.

Auf den Restbetrag wurden somit 30 % Schenkungsteuer fällig – rund 229.500 Euro.

Bundesfinanzhof: Marktüblicher Zinssatz für Berechnung der Schenkungsteuer

Der Kläger klagte gegen den Bescheid vor dem Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, scheiterte dort und ging dann zum Bundesfinanzhof. Der Bundesfinanzhof entschied teilweise zugunsten des Klägers:

Der Bundesfinanzhof bestätigte die Steuerpflicht des Zinsvorteils aber stellte klar:

Der gesetzliche Zinssatz von 5,5 % ist nicht anzuwenden, wenn ein konkreter marktüblicher Wert festgestellt werden kann.

Begründung: Nach § 15 Abs. 1 BewG gelten die 5,5 % Zinsen nur, „wenn kein anderer Wert feststeht“. Für den BFH stand hier „ein anderer Wert“ fest, nämlich der vom Finanzamt festgestellte marktübliche Zinssatz von 2,81 % p.a.

Die sich dann errechnete Zinsdifferenz war nur 1,81 % (=Differenz zwischen 2,81 % und 1 %).

Der Zinsvorteil war dann nur 33.951,40 Euro pro Jahr. Der Jahreswert wurde nach  § 13 Abs. 2 BewG mit einem Faktor von 9,3 kapitalisiert. Der  Nutzungsvorteil und damit die Schenkung war damit 315.748 Euro.

Nach Abzug des Freibetrags 20.000,00 Euro (für Schenkung zwischen Schwester und Bruder nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 15 Abs. 1 Steuerklasse II Nr. 2 ErbStG) blieb ein steuerpflichtiger Betrag von 295.748 Euro.

Damit fiel der Betrag in eine niedrigere Steuerklasse. Der anzuwendende Steuersatz in Steuerklasse II ist nach § 19 Abs. 1 ErbStG bei einem Erwerb bis einschließlich 300.000 Euro 20 % (statt 30 % bei einer höheren Schenkung).

Dadurch wurde die Schenkungsteuer auf 59.140 Euro reduziert.

Rechtlicher Hintergrund zur Schenkungssteuer bei Zinsen

Schenkungen unterliegen grundsätzlich der Schenkungsteuer. Was alles unter den steuerrechtlichen Begriff der Schenkung fällt, ist in § 7 ErbStG definiert. Ausgangspunkt ist dabei gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, durch die der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Dazu zählen auch zinslose oder zu niedrig verzinste Darlehen, selbst wenn eine Rückzahlung erfolgen muss. Gegenstand dieses Geschenks ist das Recht, das als Darlehen gewährte Kapital zu einem niedrigeren als dem marktüblichen Zinssatz oder zinslos zu nutzen. Der Wert dieses Geschenks bemisst sich in solchen Fällen nach dem Zinsvorteil, der sich aus der Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem sich aus § 15 Abs. 1 BewG ergebenden Zinssatz ergibt. Wenn kein anderer Wert feststeht, ist danach grundsätzlich von 5,5 % auszugehen. Wird eine Geldsumme auf unbestimmte Zeit zinslos bzw. verbilligt überlassen, so wird der Geldbetrag mit dem gesetzlich vorgegebenen Zinssatz i. H. v. 5,5 % und dem gesetzlichen Faktor 9,3 multipliziert.

(Bei einer auf bestimmte Zeit beschränkten, wiederkehrenden Nutzung oder Leistung ist der Kapitalwert mit dem aus Anlage 9a zum BewG zu entnehmenden Vielfachen des Jahreswerts der Nutzung anzusetzen. Das würde gelten für die Zinsen eines befristeten Darlehens.)

Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer sind mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts anzusetzen, § 13 Absatz 2 BewG. Das gilt für die Zinsen eines unbefristeten Darlehens.

Der Vervielfältiger bei einer unbestimmten Dauer von 9,3 entspricht in etwa dem Vervielfältiger bei einer 13-jährigen Nutzung. Wenn davon auszugehen ist, dass die tatsächliche Darlehensdauer deutlich unter dieser Laufzeit liegen wird, sollten gegenüber dem Finanzamt Argumente für eine „auf bestimmte Zeit beschränkte“ Nutzung gefunden werden.

Fazit: Größere Schenkungen unter Geschwistern oder Freunden sind wegen der geringen Freibeträge (20.000 Euro) häufig ungünstig. Auch Darlehen mit zu niedrigem Zins sind eine Schenkung, die unerwünschte Steuerzahlungen auslösen können.
Außerdem kann das strafrechtliche Konsequenzen haben, wenn die Schenkung nicht erklärt und versteuert wird.

Deshalb sollte man die steuerlichen Aspekte von Schenkungen beachten und sich hierzu beraten lassen! Darlehen zwischen Ehepartnern oder an Kinder sind durch deutlich höhere Freibeträge oft steuerfrei, so dass sich hier Gestaltungsmöglichkeiten anbieten. Beim kurzfristig benötigten Darlehen sollte eine feste Rückzahlungsfrist vereinbart werden.

BFH. Urteil vom 31.07.2024,  II R 20/22

Vorinstanz war

Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 08.06.2022 – 3 K 273/20

Gerne berate ich Sie bei der Vorbereitung von Schenkungen.

Rechtsanwalt Alexander Grundmann/Leipzig

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