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2. 10. 2015 – Haus und Grundstück im Erbrecht 4 – Das „Wohnrecht“ im Testament

überarbeitet 6. Juli 2021

Nicht jeder, dem man nur ein lebenslanges Wohnrecht an einem Haus oder einer Eigentumswohnung verschaffen will, soll automatisch auch Erbe oder Eigentümer mit allen Rechten und Pflichten werden. Typischer Fall ist, dass eine zweite Ehefrau zwar abgesichert werden soll, aber die Kinder trotzdem das Einfamilienhaus, dass schon immer der Familie gehört, in dem die Ehefrau aber auch nach dem Tod des Mannes weiter wohnen bleiben soll, behalten sollen.  Daher gibt es – als Alternative zur Erbeinsetzung – auch Möglichkeiten, im Testament nur die Nutzung einer Immobilie zuzuwenden.

Wohnungsvermächtnis und die Mitbenutzungsdienstbarkeit an Wohnung und Grundstück im Erbrecht

Eine Alternative zur Erbeinsetzung ist das sogenannte Wohnungsrechtvermächtnis oder Wohnrechtsvermächtnis.

Rechtsgrundlage ist § 1093 BGB. Danach kann als beschränkte persönliche Dienstbarkeit ein Recht bestellt werden, ein Gebäude oder ein Teil eines Gebäudes unter Ausschluss des Eigentümers als Wohnung (= Wohnungsrecht) zu benutzen.

Der Begünstigte des Wohnungsrechts wird über die Eintragung des Wohnungsrecht im Grundbuch geschützt. Selbst wenn die Immobilie vom Erben verkauft oder ihm von Gläubigern oder einem Insolvenzverawalter weggenommen wird, bleibt das Wohnungsrecht gegenüber dem neuen Eigentümer bestehen.

Das kann man z.B. durch eine lebzeitige Schenkung erreichen, aber auch im Testament verfügen, so dass das Wohnrecht erst nach dem Tod entsteht.

Wann ist ein Wohnrecht nicht das Richtige?

Rechtlich richtet sich das Wohnungsrecht weitgehend nach den Vorschriften für den Nießbrauch. Daher klappt über diese Regelung keine bloße Mitbenutzung eines Hauses oder einer Wohnung.

Das Recht, ein Gebäude oder eine Wohnung, z.B. mit dem Eigentümer nur mitzubenutzen, funktioniert nur über eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1090 BGB – „Mitbenutzungsdienstbarkeit“.

Auch wenn ein Gebäude oder Gebäudeteil nicht als Wohnung genutzt werden soll, kommt nur eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1090 BGB in Betracht.

An was muss man bei einem Wohnrecht im Testament denken?

Entgelt für das Wohnrecht

Geregelt werden muss im Testament , ob ein Entgelt für die Nutzung an den Erben gezahlt werden soll.

Ein Entgelt für das Wohnrecht, also die Vereinbarung eines mietähnlichen monatlichen Nutzungsbetrags kann nicht im Grundbuch abgesichert werden. Allerdings kann die Zahlung des Geldes zur Bedingung für die Ausübung des Rechts erhoben werden.

Erhaltungskosten der Immobilie

Ganz wichtig ist es, über die Kosten der Erhaltung des Grundstücks oder der Wohnung nachzudenken und das klar im Testament zu regeln. Nach dem Gesetz ist für die Erhaltung der Wohnung der Wohnungsberechtigte verantwortlich, § § 1041, 1093 Abs. 1 BGB. Der Wohnungsberechtigte muss daher die gewöhnlichen Reparaturen tragen und die Gebühren für Wasser, Müll, Beleuchtung oder Heizung selbst tragen. Außergewöhnliche Kosten – in den Kommentaren finden sich dazu als Beispiele: Umrüstung einer Heizung, Dachsanierung – muss nach dem gesetzlichen Leitbild aber der Eigenümer tragen.

Das kann man aber im Testament auch anders regeln und zumindest sollte man über diese Frage nachdenken und es ausdrücklich regeln:

Es wird von den Erben sicher auch als nicht fair angesehen, wenn ihnen die Nutzung der Wohnung oder des Hauses entzogen ist, weil dort jemand ein Wohnungsrecht hat, sie aber trotzdem Kosten tragen müssen.

Außerdem wird eine solche Kostenregelung normalerweise dazu führen, dass die Erben dort möglichst nichts investieren und die Immobilie dadurch heruntergewirtschaftet wird.

Sinnvoll kann es sein, wenn der Begünstigte und die Erben sich größere Kosten, wie Dacherneuerung, teilen.

Fazit: Auch beim Wohnungsrecht als Vermächtnis im Testament ist viel zu regeln. Daher gilt wie bei allen Testamentsgestaltungen: Machen Sie Ihr Testament nicht im "stillen Kämmerlein". Lassen Sie sich beraten, damit Sie wissen, was Sie tun und besprechen Sie dann alles mit allen Beteiligten. Bei "Geheimtestamenten", von deren Inhalt dann nach dem Tod alle überrascht sind, gibt es sehr oft Streit, weil die Ziele und Interessen der Beteiligten nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Wohnrecht ist nicht bei Erbschaftsteuer begünstigt

Insbesondere bei Immobilien und deren hoher Werte muss man immer auch an die Erbschaftsteuer denken. Beim Wohnrecht gilt nach einem Urteil des BFH nicht die Begünstigung des Familienheims. Ein Wohnrecht ist somit unter dem Aspekt der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer nur dann sinnvoll, wenn der „normale“ Freibetrag ausreichend ist.

Achtung bei Wohnrecht für den Ehegatten

Beispiel: Benno und Anna sind in zweiter Ehe verheiratet und haben keine gemeinsamen Kinder. Benno hat eine Tochter aus seiner ersten Ehe. Wenige Monate vor seinem Tod schreibt Benno ein Testament, in dem er seine Tochter als Alleinerbin einsetzt, damit das Einfamilienhaus, dass Benno schon von seinen Eltern geerbt hat, "in der Familie bleibt". Seine Frau Anna wird mit einem Wohnungsvermächtnis bedacht. Benno stirbt, das Wohnungsrecht wird ins Grundbuch eingetragen. Anna ist aber mit nur dem Wohnungsvermächtnis nicht zufrieden und verlangt von der Tochter als Erbin zusätzlich den Zugewinnausgleich gem. § 1371 Abs. 2 BGB, weil sie enterbt ist.

Da Anna ein Wohnungsvermächtnis zusteht und sie dieses auch angenommen hat, hat sie keinen Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1371 Absatz 2 BGB.

(Falls Anna nicht notariell auf ihren Pflichtteil verzichtet hat, kann sie aber ihren Rest-Pflichtteil gelten machen.)

Alternative: Wohnrecht als Schenkung zu Lebzeiten

Geprüft werden sollte bei Überlegungen zu einem Testament mit Wohnrecht, ob ein Wohnrecht nicht auch schon im Weg einer lebzeitigen Schenkung erfolgen kann. Vorteil: Da sind alle gezwungen, die Details zu besprechen und man kann Fehler auch noch reparieren.

Aber auch, wenn durch das Wohnrecht noch andere erbrechtliche Ziele erreicht werden sollen, z.B. die Verringerung  von Pflichtteilsansprüchen, kann eine Schenkung eine sinnvolle Alternative sein.

Fazit: Das Thema Grundstück im Erbrecht ist ein schwieriges und wirtschaftlich bedeutendes Thema. Es gibt verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten im Testament, die einzeln oder in Kombination für Sie und Ihre Erben sinnvolle Regelungen schaffen.

Wir können Ihnen bei der „Nachfolgeplanung“ , der Gestaltung Ihres Testaments und beim „richtigen“ Schenken helfen.

Nutzen Sie die Möglichkeit einer Erstberatung durch Rechtsanwalt Alexander Grundmann in Leipzig

 

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